Bares, Bildung und Vitamin B

Bei den Deutschen Existenzgründertagen 2000 beschwört Berlin den jung-dynamischen Nachwuchsboom:An diesem Wochenende gibt es Infos über Fördergelder, Seminare und Kontakte für die „Schöpfer des Wohlstandes“

von MARTIN REICHERT

Existenzgründer haben es in Deutschland nicht immer leicht. Nachdem sie sich durch einen Wust aus behördlichen Genehmigungsverfahren und Auflagen gequält haben, sind sie ständig vom Ruin bedroht: Säumige Zahlungsmoral der Kundschaft und zu geringe Eigenkapitaldecke drehen jedem zweiten schon nach fünf Jahren die Luft ab. Da tut es wohl, sich wenigstens mal wieder feiern zu lassen, und zwar auf den Deutschen Existenzgründertagen in Berlin.

Schlagworte wie „Gründerelite“, „Schöpfer des Wohlstandes“ und „Hoffnungsträger“ machten schon letztes Jahr die Runde. In diesem Jahr rühren die Veranstalter, darunter die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, die Werbetrommel für die „Existenzgründerstadt Berlin“. Mit 89 Unternehmenstarts je 10.000 Einwohner gehöre die Hauptstadt zu den bundesweiten Spitzenreitern. Sagt Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner.

Im statistischen Klartext heißt das für das vergangene Jahr: 35.300 Gewerbeanmeldungen (davon die Hälfte Existenzgründungen) bei 33.800 Abmeldungen – macht 1.500 im positiven Saldo, getragen hauptsächlich von den Branchen Dienstleistung und Handel. Allerdings hat das Land Berlin den Jungunternehmern in spe tatsächlich mehr zu bieten als Zahlenspiele, nämlich richtiges Geld.

Eine diesbezüglich wichtige Adresse ist die Bundesalle 210 in Berlin-Wilmersdorf, denn hier sitzt die Investitionsbank Berlin. Die IBB wurde 1993 als Entwicklungsbank für das Land Berlin gegründet und wird als besondere Abteilung der Landesbank Berlin geführt. Die Förderprogramme des Landes sollten hier gebündelt werden, unter anderem für die Bereiche Wohnungsbauförderung, Stadtentwicklung und Umweltschutz.

Im Förderkonzept 2000 steht jedoch die Wirtschaft an erster Stelle. Der große Fleischtopf, um den es sich dabei dreht, heißt Zukunftsfonds: In diesem Jahr umfasst er 72 Millionen Euro. Zugute kommt er hauptsächlich Unternehmensneugründungen im Technologiebereich; die Förderung erfolgt über Zuschüsse für Beratungen und Qualifizierungen, zinsgünstige Darlehen und Beteiligungen. Letztere bilden den Löwenanteil des Förderungsvolumens, bereitgestellt werden sie durch die IBB Beteiligungsgesellschaft.

Einer der Nutznießer dieser Beteiligungsgesellschaft ist die Firma Heliocentris Energiesysteme. Vor fünf Jahren hatte das Unternehmen mit der Produktion von Brennstoffzellen begonnen. Die Zukunftstechnologie wurde zunächst nur an Schulen und Hochschulen zu Experimentierzwecken verkauft, jetzt hat das Unternehmen den Prototyp einer tragbaren Stromversorgung auf den Markt gebracht.

Das nötige Geld zur Entwicklung kam unter anderem von der IBB: Mit 8 Prozent ist sie nun stiller Teilhaber der Firma. „Bei privaten Banken geht zwar einiges unbürokratischer über die Bühne, ein Horror war es aber nicht“, sagt Matthias Bronold von Heliocentris über die Zusammenarbeit mit der IBB. Übrigens hat sich die Zahl der Arbeitnehmer bei dem kleinen Unternehmen fast verdoppelt: 19 statt der früher 11 Beschäftigten arbeiten nun an den Brennstoffzellen.

Ein weiteres Element in der Angebotspalette der IBB im Bereich der Gründerförderung sind die „Existenzgründungsdarlehen nach dem arbeitsmarktpolitischen Rahmenprogramm“ (ARP). Mit Darlehen aus diesem Programm können JungunternehmerInnen in Berlin gefördert werden, „die arbeitslos sind, eine gute Geschäftsidee haben, aber über keine Sicherheiten verfügen“, erklärt IBB-Sprecher Uwe Sachs.

Wem es nicht nur an Geld, sondern auch an Erfahrung mangelt, der wird beim Technologie Coaching Center an die Hand genommen: Das TCC stellt den frisch gebackenen UnternehmerInnen einen leibhaftigen Coach an die Seite. Zusammen mit einem Expertenteam bahnt dieser den Weg zur Marktfähigkeit.

Darüber hinaus ist die Bank an zahlreichen Initiativen beteiligt, unter anderem am Business-Plan-Wettbewerb Berlin-Brandenburg. Der Wettbewerb wendet sich laut Uwe Sachs an Akademiker und gliedert sich in drei Stufen: Nach Ausarbeitung einer tragfähigen Geschäftsidee folgen Marketingkonzept sowie eine Marktanalyse. In der letzten Stufe müssen die angehenden Unternehmer ein schlüssiges Finanzierungskonzept präsentieren. Zu gewinnen gibt es natürlich Geld und die Teilnahme an Seminaren und Workshops.

An Existenzgründer und junge Unternehmen, die bereits ein Projekt entwickelt haben, wendet sich der „Business Angels Club Berlin“, der 1998 von der IBB ins Leben gerufen wurde. Der Klub führt Gründer und junge Selbstständige mit erfahrenen Unternehmern zusammen in der himmlischen Hoffnung, dass Letztere dem Nachwuchs mit Know-how und Beteiligungskapital kräftig unter die Flügel greifen werden.

Der „Existenzgründerleitfaden“ der IBB kann per E-Mail geordert werden: www.kundenzentrum.wirtschaft@investitionsbank.de