Handy-Aufstand im Umland

■ Viele neue Funk-Sender werden jetzt in die Dörfer um Bremen gesetzt / Das sorgt für lückenlosen Handy-Empfang, die Anwohner dagegen befürchten Elektrosmog

Der Ring um Bremen schließt sich: Weyhe hat einen. Ottersberg auch. Und Fischerhude gehört jetzt ebenfalls auf die Karte der Mobilfunk-Betreiber. Die erobern derzeit mit ihren Sendern die Orte rund um Bremen für ein lückenloses Mobil-Netz. Nicht immer geht das glatt: In Fischerhude und Weyhe regt sich Widerstand.

Geahnt hat man in Fischerhude zunächst nichts. Ein 40-Meter-Mast wurde Anfang März am Ortsrand errichtet. Keiner wusste Näheres. Informationen flossen nur spärlich: Mannesmann. Handy-Turm. Strahlen. Gerade mal 50 Meter von den ersten Häusern entfernt funkt jetzt der Sender. „Der strahlt die ganze Zeit“, klagt Anwohnerin Heike Watson.

Seitdem geht in Fischerhude bei so Manchem die Angst um. Je näher dran am Turm, desto größer der persönliche Einsatz. Zur ersten Versammlung erschienen rund hundert Einwohner – „ganz bunt gemischt, nicht nur Ökos und Esoteriker“, freut sich Watson. Seitdem trifft sich jede Woche ein kleiner Kreis von fünf bis zehn Leuten. Ihr Ziel: Der Turm muss weg. Außerdem will man die Viel-Telefonierer des Ortes sensibilisieren, ob so ein Handy-Ding nötig sei.

Doch da fing in Fischerhude der Gegenprotest an. „Telefone sind lebensnotwendig“, hieß es in Briefen an den Arbeitskreis. „Da wird man ganz schnell als technikfeindlich abgestempelt“, meint Watson. Die Grünen im Ort haben das gleiche Problem, wenn sie das Thema jetzt angehen wollen: „Das ist wie mit dem Auto: Handys sind praktisch und trotz möglicher Schäden will keiner darauf verzichten“, erklärt Grünen-Sprecher Rolf Becker.

Tatsächlich aber klingeln seit dem Fischerhuder Turmbau verstärkt die Telefone – bei anderen Initiativen rund um Bremen. Kontakte gibt es nach Weyhe. Zu einem Baubiologen nach Thedinghausen. Auch nach Worpswede will Watson Strippen ziehen. Nach dem Prinzip: Gemeinsam sind wir stark.

Für die Mannesmann-Zentrale in Düsseldorf klingt das nach einem Kampf gegen Windmühlen. „Wir haben noch nie einen Turm wieder abgebaut“, erklärt Sprecher Matthias Andreesen. Sendetürme seien „absoluter Alltag“. Schließlich hätte es aus Fischerhude sogar „Kundenanfragen“ gegeben, die sich bessere Verbindungen gewünscht hätten. Seit März funkt der Turm für Mannesmann, und damit sich der Standort auch lohnt, soll die Telekom ihren Sender obendrauf packen.

Außerdem planen die Mobilfunkunternehmen eine kleine Invasion: Zu den 35.000 bestehenden Sendern sollen noch „einige tausend“ hinzu kommen. Mannesmann will die Anlagen in Bremen noch mal rund um die Hälfte aufstocken: 50 ist die Zielvorgabe. Mit den anderen Unternehmen zusammen dürften in Bremen mehrere hundert Sender stehen, schätzt Watson.

„Vor ein paar Jahren war es noch selbstverständlich zum handy-telefonieren vor die Tür zu gehen“, erklärt Andreesen. Heute dagegen wollten alle auch im Haus mobil telefonieren – dafür muss die Sendeleistung stimmen, dafür müssen neue Sender her. Von Vorschlägen, die Türme hunderte Meter vom Ort entfernt zu platzieren, hält Mannesmann nichts: „Der Funk-Empfang wird da gebraucht, wo die Menschen sind.“ Doch da wohnt die Angst, und der ist mit Grenzwerten nicht immer beizukommen. Mannesmann glaubt „absolute Entwarnung“ geben zu können, schließlich würden alle Richtlinien eingehalten.

In Weyhe haben Baubiologen anscheinend Anderes gemessen. Im Haus der Sappas zum Beispiel wurden „irre hohe Wert“ festgestellt, seitdem der Sender vom Hausdach nebenan funkt. „Wenn das Ding da bleibt, gehen wir“, erklärt Martina Sappa, auch wenn das Haus erst zwei Jahre steht. Selbst bei Tieren hat es Veränderungen gegeben, sagt Watson. „Und bei denen kann man ja schlecht sagen, sie bildeten sich das nur ein.“ pipe