Schweigende Herrchen

Etwa 200 Hundehalter kamen gestern zu einer Schweigestunde – allerdings ohne ihre Hunde

Unter dem Motto „Lasst uns heute gemeinsam schweigen, bevor es morgen unsere Hunde tun“ versammelten sich gestern Nachmittag etwa 200 Hundehalter vor dem Olympiastadion. Entsprechend dem Aufruf des Vereins „Bedrohte Hunderassen Berlin e. V.“ hatten Herrchen und Frauchen ihre Tiere zu Hause gelassen. Viele waren, wie von der Veranstalterin Manuela Schnur vorgeschlagen, in schwarzer Trauerkleidung erschienen, um ihre „Ohnmacht gegenüber der Politik“ zu zeigen.

Doch mit dem Schweigen war es nicht weit her. Angesichts des vom Senat geplanten Haltungs- und Zuchtverbotes von Kampfhunden gab es einfach zu viel zu sagen, klarzustellen und zu fordern. Manuela Schnur, die einen Bullterier namens „Fine Willie“ ihr eigen nennt, forderte die Berliner SPD auf, sich ihr Vorhaben, einige Rassen zu verbieten, „noch mal zu überlegen“. Begründung: „Es gibt keine pauschal gefährlichen Hunderassen.“ Besonders Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) wurde kritisiert: „Fischer hat uns diskriminiert“, schimpfte Schnur, wofür sie Applaus und zustimmende „Pfui Fischer!“-Rufe erntete. Kampfhunde würden nicht geboren, sondern erzogen, hieß es weiter. Die bestehenden Gesetze reichten aus, sie müssten nur durchgesetzt werden.

Die Anwesenden wollen sich, so der Aufruf, als „verantwortungsbewusste Hundehalter“ verstanden wissen, „die sich nicht länger mit kriminellen Elementen dieser Gesellschaft in einen Topf werfen lassen“ und die „um den Erhalt des Hundewesens insgesamt“ kämpfen. Bei der Gestaltung der mitgeführten Transparente ließen sie ihrer Phantasie freien (Aus)lauf. So wurde mit „J’accuse“ auf Französisch angeklagt, weiter hieß es „Rassenliste = Todesliste“, „Ich bin kein Rassist. Mein Freund ist Bullterrier“ und „Mein Hund kämpft nicht. Ich kämpfe für meinen Hund. Gegen Rassendiskriminierung“.

Ein Hundezüchter aus Niedersachsen drückte seine Angst mit einer Frage auf einem schwarzen Sarg auf seinem Auto aus: „Deutschland, Friedhof unserer Hunderassen?“ Unter den Teilnehmern war der Fernsehjournalist Daniel Reynés, der mit seiner Idee, Hunde mit gelbem Davidstern auf die Straße zu schicken, derart in die Kritik geraten war, dass er davon Abstand genommen hatte (die taz berichtete).

Auch an die CDU wurde gestern appelliert. „Sie soll sich nicht von der SPD unter Druck setzen lassen“, forderte Manuela Schnur. Amüsiert erzählte die Zahnarzthelferin, dass der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) Schirmherr der jährlichen Rassehundezuchtschau sei, die im vergangenen Jahr ein Bullterrier aus Bayern gewonnen habe. Da hatten die Hundehalter endlich was zu lachen. WAHN