„Zack, ist die Fresse dick!“

An kinematographischen Kenntnissen fehlt es ihm noch. Aber er ist ein Macher. Ein Wahrheit-Exklusiv-Interview mit dem künftigen Berlinale-Chef Heribert Lenz

Jetzt ist es entschieden. Nach langen Beratungen der zuständigen Kulturgremien ist das Ergebnis eine echte Überraschung: Die Nachfolge des scheidenden Berlinale-Chefs Moritz de Hadeln tritt der bislang weithin unbekannte Heribert Lenz (42) aus Frankfurt am Main an. Eine Annäherung.

taz: Herr Lenz, Sie haben bislang als Getränkeverkäufer und Nachtwächter im Frankfurter Günthersburgpark gearbeitet. Jetzt haben Sie sich um den Posten des Berlinale-Chefs beworben. Warum?

Heribert Lenz: Ich kenne mich gut aus im Filmgeschäft. „Jurassic Park“ und „Gorky Park“ sind meine Lieblingsfilme. Im Übrigen sind Berufswechsel in eine völlig andere Branche heute an der Tagesordnung. Der frühere Chef der Deutschen Bank, Hilmar Kopper, spielt, so viel ich gehört habe, seit seinem Weggang den Po in den „Tele-Tubbies“.

Die Öffentlichkeit weiß bis jetzt nur wenig über Ihre filmpolitischen Ambitionen. Was möchten Sie anders machen als Moritz de Hadeln?

Lassen Sie sich überraschen. Nur so viel: Der Preis für Popcorn ist nicht zu halten.

Sie gelten als extrem gewaltbereit. Man munkelt, dass Sie vor allem auch Gewalt gegen Kinder befürworten. Und erst letzte Woche haben Sie im Frankfurter Bahnhofsviertel einen Brezelverkäufer superbrutal zusammengeschlagen. Die Gazetten haben ausführlich berichtet. Fürchten Sie nicht, dass Ihr mieses Image zur Belastung für die Berlinale werden könnte?

Ich sage mal, das ist doch interessant für die Leute. Die sagen sich, da ist jemand, der einfach anders an den Job rangeht.

In einem Hintergrundgespräch mit Andreas Kilb monierten Sie, dass es in den großen Kinos heute nicht mehr richtig dunkel werde. Überall, sagten Sie, leuchteten Lämpchen, weil die Kinobosse den Lohn für den guten alten Platzanweiser sparen wollten, der früher immer mit der Taschenlampe unterwegs gewesen sei. Dennoch sollen Sie neulich einen der wenigen noch aktiven Platzanweiser krankenhausreif geprügelt haben. Was ist dran an der Geschichte?

Die Sache ist für mich erledigt.

Kritiker haben angedeutet, dass begründete Zweifel an Ihrer Kompetenz nicht leichter Hand vom Tisch zu wischen seien. Es geht das Gerücht um, Sie verstünden überhaupt nichts vom Film, geschweige denn vom Filmgeschäft. RTL hat recherchiert, dass Sie in Ihrer Stammvideothek immer nur Pornos und Karatefilme ausleihen. Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen?

Wenn man sich mit meiner Person auseinander setzt, auch durchaus kritisch, dann begrüße ich das natürlich. Für mich gehört konstruktive Kritik zum Kernbestand einer lebendigen Demokratie. Ja, ich möchte sogar sagen, dass Kritik gelebte Meinungsfreiheit ist. Die Betonung liegt auf gelebt! Die Kritiker, die Sie erwähnen, möchte ich hiermit zu einer fairen, offenen Diskussion einladen, bei der die unterschiedlichen Standpunkte sachlich und nüchtern dargelegt werden können. Dann wird sich schon zeigen, was an den Gerüchten dran ist. Nämlich gar nichts! Wer was anderes behauptet, kann sich auf was gefasst machen. Mein Motto lautet: Zack, ist die Fresse dick! Da bin ich ganz ehrlich. Bei mir muss keiner lange um Dresche betteln. Aber mehr noch schätze ich den ruhigen, gepflegten Meinungsaustausch unter Intellektuellen.

Vielleicht möchten Sie Ihre kinematographische Sachkenntnis hier einmal kurz unter Beweis stellen. Wie heißt der Film, in dem Humphrey Bogart am Ende Ingrid Bergman vergewaltigt und danach erschießt, obwohl er total in sie verliebt ist?

Sie wollen mich aufs Glatteis führen. Der Film heißt selbstverständlich „Kasperle und das Krokodil auf Mallorca II“, und das Kroko wird von Kopper gemimt. Nicht von der Bergman!

Gut. Geben Sie nun bitte in drei Sätzen den Inhalt des Klassikers „Meuterei am Schlangenfluß“ wieder.

Die klassische Konstellation – drei Männer in einem Boot auf hoher See. Bogart, Kopper und Kasperle. Und da kommt plötzlich dieses wunderschöne, weiße Krokodil vorbeigeschwommen ...

Zum Schluss ein paar Fachbegriffe. Was versteht man unter „Casting“, „Wischblende“ und „Nouvelle Vague“?

Ihr Scheißreporter seid doch nur auf Sensationen aus! Aber wenn ein Mensch mal was Gutes tun will, wenn er irgendwie nach oben kommen und mal was aus sich machen will, dann schmeißt ihr ihm Knüppel zwischen die Beine! Ich kenne euch Brüder! Sie wissen so gut wie ich, dass die drei Begriffe ein und dasselbe bedeuten, nämlich dass sich viele junge Schauspielerinnen, um Karriere zu machen, hochschlafen müssen.

Welche militärischen Leistungen bewundern Sie am meisten?

Als beim letzten Formel-eins-WM-Lauf Schumi gegen den anderen total hart um die Führung gefightet hat und dann total clever plötzlich das Krokodil an den beiden vorbeigezogen ist. Also das war total clever, da ziehe ich den Hut. Tolle Leistung, ehrlich.

Ihre Hobbys?

Beim Kickboxen zugucken, Darten und Relaxen. Außerdem sammle ich Bierdosen und Autogramme von Hilmar Kopper.

Ihr Leibgericht?

Hamburger Royal und Reste vom Vortag.

Wie möchten Sie sterben?

Mit vollem blondem langem Haar, an einem wunderschönen Junimorgen, im Liegestuhl, total durchtrainiert und braun gebrannt, beweint von den zehn schönsten Frauen der Welt, zum Beispiel von Veronica Ferres, auf der Lichtung eines lieblich duftenden spanischen Lorbeerwaldes – an Darmkrebs.

INTERVIEW:
GERHARD HENSCHEL

Zitat:„Wenn man sich mit meiner Person auseinander setzt, auch kritisch, dann begrüße ich das natürlich. Für mich gehört konstruktive Kritik zum Kern- bestand einer lebendigen Demokratie.“