Schröders Lieblings-Ossi

Wenn zwei sich streiten, freut sich nicht immer der Dritte. Mit Matthias Platzeck bekommt die Brandenburger SPD einen neuen Chef, der gar nicht wollte

POTSDAM taz ■ Gerhard Schröder hat den Osten endlich mal zur Chefsache gemacht. Mit seiner Intervention beendete er jetzt die wochenlangen Personalquerelen der Brandenburger SPD. Sein Lieblings-Ossi Matthias Platzeck erklärte am Wochenende überraschend, dass er im Juli beim Wahlparteitag für den Landesvorsitz kandidieren will.

Der Potsdamer Oberbürgermeister, früher erfolgreicher Umweltminister, wurde von Schröder Ende 1999 in den Bundesvorstand geholt und gilt als einer der Hoffnungsträger der profilschwachen Ost-SPD. Aus der Brandenburger Staatskanzlei heißt es über Platzecks Nominierung: „Es gab massiven Druck aus Berlin.“ Die Strategen im Willy-Brandt-Haus setzen mit aller Macht auf ihn – er soll das sozialdemokratische Gegenmodell zum Merkel-Aufstieg werden.

Der 46-Jährige ist von seiner neuen Karrierestation nicht begeistert, wurde aber letztlich überredet. „Die Partei ist in einer schwierigen Situation, die wir nicht gebrauchen können“, begründete er wenig euphorisch seine Bewerbung. Die bisherigen Kandidaten für die Brandenburger SPD-Spitze waren in den letzten Tagen in zunehmender Rauflust übereinander hergefallen. Beide Rivalen, der langjährige Amtsinhaber Steffen Reiche, derzeit Bildungsminister, und Fraktionschef Gunter Fritsch wollen inzwischen nicht mehr antreten.

Ministerpräsident Manfred Stolpe, noch nie ein Freund öffentlicher Konflikte, kommentiert die Wende zufrieden: „Das wird der Partei gut tun, das wird ihr wieder Schwung verschaffen.“ Platzeck, der Intellekt erfolgreich mit Volkstümlichkeit kombiniert, ist an der Basis viel populärer als Noch-Landeschef Reiche. Der gilt als allzu forsch, kritikempfindlich und selbstverliebt. Die hohen Verluste bei der letzten Landtagswahl schwächten seine Position zusätzlich. Das Rennen um die Stolpe-Nachfolge hat er mit der Entscheidung vom Wochenende endgültig verloren.

Für den 39-Jährigen ist diese Nachricht eine herbe Enttäuschung. 1994 tauchte der einstige Jungstar der Partei noch im Time-Magazine auf einer Liste der wichtigsten hundert Politiker des neuen Jahrtausends auf. Nun muss er zusehen, dass er in Zukunft wenigstens noch zu den Top Ten in der Brandenburger Provinz gehört. MANUELA THIEME