Popkonzert mit Risikotechnologie

Umweltschützer kritisieren Weltausstellung scharf wegen negativer Ökobilanz, rufen aber nicht zu Protesten auf

HANNOVER taz ■ „Eine Schau der ungebremsten Technikeuphorie mit Freizeitparkcharakter“ – so sehen der BUND Niedersachsen und die hannoversche Bürgerinitiative Umweltschutz (BIU) die Expo 2000. In den Augen der Umweltschützer taugt die Weltausstellung trotz ihres Mottos „Mensch Natur Technik“ keineswegs „als Zukunftsentwurf für eine nachhaltige Entwicklung“ und hat darüber hinaus selbst eine negative Ökobilanz. Zu Protesten zum Expo-Auftakt würden die Umweltverbände dennoch nicht aufrufen, sagte gestern erneut der Sprecher des BUND Niedersachsen, Robert Exner. Gleichwohl erwartet die Polizei am kommenden Samstag 2.000 Protestler bei der ersten Demo gegen die Expo.

Durch den Anreiseverkehr und durch den Ausstellungsbetrieb selbst würden weit über 100.000 Tonnen klimaschädigendes CO2 zusätzlich in die Luft geblasen, kritisierte Ralf Strobach, der Weltausstellungsexperte der hannoverschen BIU. Außerdem hätten die Expo GmbH und auch die Bahn AG keine Anstrengungen unterlassen, um Weltausstellungsbesucher in den Verkehrsstau zu treiben. So locke die Expo-Gesellschaft durch den Verkauf terminungebundener Karten gezielt Pkw-Reisende an. Die Bahn AG dränge durch ICE-Zuschläge bei Fahrten zum hannoverschen Hauptbahnhof und durch die Streichung aller Sonderangebote in großen Teilen Niedersachsens zusätzlich Reisende auf die Straße.

Die Inhalte der Weltausstellung lassen sich in den Augen von BUND-Sprecher Exner vor allem unter das Motto „Die Technik wird es schon richten“ stellen. Die große Eigenausstellung der Expo GmbH, die das Motto „Mensch Natur Technik“ konkretisieren soll, orientiere sich vielfach an Interessen von Partnerfirmen. Im Themenparkbereich Energie, an dem acht Firmen mitgearbeitet hätten, würden etwa Atomstrom und Ölfeuerung als Beispiele einer zukunftsfähigen Energieversorgung präsentiert. Auch dem Verband der chemischen Industrie werde eine Werbeplattform für ökologisch zweifelhafte Produkte geboten.

Moderne Umweltpädagogik wolle junge Menschen an die Natur heranführen, sagte Ralf Strobach, die Expo führe Kinder dagegen gezielt an moderne Technik heran. Natur komme auf dem Gelände nur als Serie von 1.000 Bäumen vor. Insgesamt sei die Weltausstellung eine fragwürdige Mischung aus „Freizeitspaß, Popkonzerten, gepaart mit unterschwelliger Werbung für Risikotechnologien“.JÜRGEN VOGES