Berlin wird immer ärmer

Steuerschätzung ergibt: Landeskasse nimmt trotz Wirtschaftsaufschwung weniger Steuern ein – und gibt trotz der Haushaltssperre mehr Geld aus

Trotz der allgemeinen Konjunkturbelebung fließen in diesem Jahr weniger Steuern als erwartet in die Landeskasse. Nach der jüngsten Steuerschätzung, die Finanzsenator Peter Kurth (CDU) gestern vorstellte, bleiben die Einnahmen aus Steuern und Finanzausgleich um 0,3 Prozent hinter dem Haushaltsansatz zurück. „Die Hoffnungen auf deutliche Mehreinnahmen haben sich nicht erfüllt“, sagte Kurth, „für manche im Senat war das etwas ernüchternd.“

Nach der Prognose wird die Lücke im kommenden Jahr sogar dreimal so groß sein. Auch für die Folgejahre rechnet Kurth mit Mindereinnahmen. Noch nicht berücksichtigt sind dabei die Ausfälle durch die vom Bund beabsichtigte Steuerreform, die der Senator auf 1,2 Milliarden Mark bezifferte. „Es bleibt beim intensiven Konsolidierungsdruck“, mahnte Kurth seine spendierfreudigen Senatskollegen, „von der Steuerseite sind wesentliche Entlastungen nicht zu erwarten.“

Auf der Ausgabenseite sieht es allerdings nicht besser aus. Trotz einer Haushaltssperre hat das Land im ersten Vierteljahr bereits mehr als ein Viertel der Etatmittel für 2000 ausgegeben: genau 25,4 Prozent. Diese Feststellung habe den Senat „etwas überrascht“, sagte Kurth.

Eigentlich dürfen während der so genannten vorläufigen Haushaltswirtschaft nur die unbedingt notwendigen Ausgaben erfolgen. Kurth sagte, die Interpretation dessen, was rechtlich zwingend sei, sei wohl in den Häusern sehr unterschiedlich gewesen. Bislang dürfen die einzelnen Senatsverwaltungen über die Dringlichkeit der Ausgaben selbst entscheiden. Kurth kündigte eine schärfere Kontrolle durch die Finanzverwaltung an. Hier gebe es „Korrekturbedarf“.

Der Finanzsenator präsentierte die Zahlen vor dem Hintergrund der laufenden Haushaltsberatungen für das Jahr 2001, die noch vor der Sommerpause abgeschlossen werden sollen. In dem Etat von rund 40 Milliarden Mark klafft noch eine Lücke von sieben Milliarden Mark. Sie soll durch Verkäufe von Landesvermögen, aber auch durch Einsparungen geschlossen werden. Die Senatoren für Inneres und Schule, Eckart Werthebach (CDU) und Klaus Böger (SPD), haben einen weiteren Abbau von Polizisten- und Lehrerstellen bereits kategorisch ausgeschlossen. RAB