Der Verlierer

Mit seiner SLA hat Antoine Lahad vor allem eigene Karrierewünsche verfolgt. Aus dem Milizenchef ist nun ein kleiner Bittsteller geworden

Verlierern haftet häufig etwas Dramatisches an, das ihnen ein gewisses Mitgefühl sichert. Nicht so bei dem 71-jährigen General im Ruhestand Antoine Lahad: Selbst in Israel, in dessen Diensten der Oberbefehlshaber der „Südlibanesischen Armee“ SLA in den vergangenen fünfzehn Jahren gestanden hat, wird in der Presse weder Mitleid noch Respekt laut. Vom vermeintlichen Herrn über den Südlibanon ist Lahad in kürzester Zeit zu einem Bittsteller geworden: Den libanesischen Staatspräsidenten Emile Lahoud bat er um eine Amnestie für die Kämpfer der sich auflösenden SLA, Frankreich bat er um Asyl für die Offiziere. Beidem wurde bislang nicht entsprochen.

1985 übernahm der Christ Lahad das Kommando über die christliche Miliz SLA von deren verstorbenem Gründer und bisherigem Chef, George Haddad. Während Haddad gezögert hatte, sich uneingeschränkt in den Dienst Israels zu stellen, geriet die Truppe unter Lahads Leitung immer mehr in israelische Abhängigkeit. Lahad spekulierte auf den Posten des Oberbefehlshabers der libanesischen Armee, doch war an seiner Stelle Michel Aoun ernannt worden. Daraufhin wechselte Lahad die Seite.

In dieser Zeit nach dem Ende des Bürgerkriegs entwickelte sich Lahad zum meistgehassten Mann des Libanon. Die Libanesin Soha Bichara, die 1988 ein Attentat auf ihn verübte, musste deshalb bis 1998 im Khiam-Gefängnis im Südlibanon einsitzen. Als sie 1998 freigelassen wurde, wurde sie von 15.000 begeisterten Libanesen als die „Verlobte des Libanon“ gefeiert. Von einem libanesischen Gericht wurde Lahad 1996 wegen Landesverrats zum Tode verurteilt.

Während die Miliz in ihrer Anfangszeit noch die Aufgabe hatte, christliche Dörfer vor den Palästinensern und den schiitischen Milizen zu beschützen, stand Lahad einer Truppe vor, deren Aufgabe sich auf die Verteidigung der israelischen Sicherheit beschränkte – kein Wunder, dass immer mehr Milizen das Weite suchten. Dies geschah insbesondere, seit die SLA im Mai vergangenen Jahres die christliche Enklave Dschesin räumen musste, deren Verteidigung zu viele Tote forderte. Damals bereits ging das Gerücht einer baldigen Abdankung des alten Milizenchefs um. Doch drohte er bei einer Pressekonferenz, seine SLA werde weiterhin den Südlibanon verteidigen, notfalls auch ohne israelische Unterstützung.

Der ehemalige General, der seit Jahren vor allem in Frankreich lebt, wohin seine Familie gezogen ist, war auch beim jetzigen, vorschnellen Rückzug der SLA nicht bei seiner Truppe: Am gestrigen Morgen verließ er Paris in Richtung Tel Aviv. ANTJE BAUER