Besatzer sitzen in der Falle

Die Besetzung der „Sicherheitszone“ im Südlibanon hat sich für Israel nicht ausgezahlt:Die Angriffe der libanesischen Hisbullah-Miliz forderten immer mehr Opfer

BERLIN taz ■ Die bisher von Israel beanspruchte „Sicherheitszone“ im Süden Libanons ist ein Relikt zweier Kriege. Rentiert hat sich die Besatzung für Israel nie. Vor allem in den vergangenen Jahren forderten Angriffe der libanesischen Schiitenmiliz auf israelische Truppen und der mit ihr verbündeten Südlibanesischen Armee (SLA) immer größere Opfer. Das Gebiet, in dem etwa 200.000 zumeist schiitische Muslime leben, wurde für die Besatzer zur Falle.

Israelische Truppen waren bisher zweimal in Libanon einmarschiert, 1978 und zuletzt 1982, um gegen arabische Untergrundkämpfer vorzugehen, die den Libanon als Basis zur Befreiung Palästinas betrachteten. 1985 zogen sich die Israelis aus dem nördlichen Nachbarland zurück, behielten aber einen Streifen entlang der israelischen Grenze besetzt. Dieser Puffer sollte den Norden Israels vor Angriffen der schiitischen Hisbullah schützen. In der zwischen 15 und 20 Kilometer breiten Pufferzone waren bisher laut offiziellen israelischen Angaben bis zu 1.500 israelische Soldaten stationiert, die von 2.500 Kämpfern der überwiegend christlich-maronitischen SLA unterstützt wurden.

Schärfster Widersacher der Besatzungstruppen ist die Hisbullah. Die „Partei Gottes“ wird von Iran finanziert und von Syrien logistisch unterstützt. Waffen aus der Islamischen Republik werden zumeist nach Damaskus geflogen und von dort auf dem Landweg in den Libanon geschafft, aber auch Griechenland soll laut Geheimdiensberichten als Transitland dienen. Mit ihrer Guerillataktik erzwang die Hisbullah, die ihren Rückhalt vor allem unter den Schiiten im Süden des Landes hat, 1985 den Rückzug der israelischen Armee in die bisherige „Sicherheitszone“. Seither versucht die Miliz die Besatzer auch aus diesem Streifen zu vertreiben. Israelische Militärs nennen die Hisbullah inzwischen respektvoll, die „beste Guerillarmee der Welt“. Unklar ist, welche Ziele sie nach dem israelischen Abzug verfolgen wird. Zwar propagiert sie auch die Befreiung des den Muslimen heiligen al-Quds, sprich: Jerusalems. Funktionäre der im libanesischen Parlament vertretenen Partei Gottes betonen aber, diese Aufgabe überlasse man den Palästinensern.

Die wachsende Zahl der Opfer unter den israelischen Soldaten ist auch der Grund für die Entscheidung der Regierung in Jerusalem, die Truppen aus der „Sicherheitszone“ abzuziehen. Fernsehbilder von Hisbullahkriegern, die mit Köpfen und Gliedmaßen getöteter israelischer Soldaten durch die Schiitenviertel von Beirut paradierten, sorgten für einen Meinungsumschwung in der israelischen Öffentlichkeit. Die Mehrheit der israelischen Bevölkerung befürwortet einen Abzug aus der „Unsicherheitszone“. Der Rückzug sollte ursprünglich Anfang Juli abgeschlossen ein. Doch die Hisbullah hatte in den zurückliegenden Wochen – offensichtlich mit neuen Waffen ausgestattet – ihre Angriffe verstärkt. Durch den vorzeitigen Abzug wollen die Israelis anscheinend verhindern, aus dem Süden Libanons regelrecht herausgebombt zu werden.

Syriens Präsident Hafis al-Assad betrachtet den Libanon als seinen Vorgarten. 35.000 syrische Soldaten hat er in dem Nachbarstaat stationiert. Mit den Israelis hat er mit Hilfe der USA zahlreiche „rote Linien“ ausgehandelt. So dürfen die Syrer nicht südlich der Hafenstadt Sidon agieren. Als Sicherheitsgaranten im jetzt entstehenden Vakuum im Südlibanon fallen die Syrer damit aus.

THOMAS DREGER