Die Feier fällt aus

Bis Bill Clinton anreist, werden die Verhandlungen über die Entschädigung der Zwangsarbeiter kaum abgeschlossen sein

BERLIN rtr/taz ■ Bill Clinton und Gerhard Schröder werden nun doch nicht zum goldenen Füllfederhalter greifen. Die Abschlusserklärung zur Entschädigung der ehemaligen Zwangsarbeiter, die anlässlich des Besuchs des amerikanischen Präsidenten Anfang Juni in Berlin von beiden Regierungschefs feierlich unterzeichnet werden sollte, wird nicht rechtzeitig fertig.

Nach einer weiteren Verhandlungsrunde in Washington meinten Delegationsteilnehmer, es sei „sehr unwahrscheinlich“, dass der Zeitplan eingehalten werden könne. Gerhard Baum, Anwalt der russischen Opfer, sagte es unverblümt: „Die Unterzeichung der Abschlusserklärung beim Clinton-Besuch findet nicht statt.“

Immer noch bildet die von der deutschen Industrie geforderte Rechtssicherheit das Haupthindernis. Die deutsche wie die amerikanische Seite sind einverstanden damit, dass die USA dem Abkommen eine Aufforderung an die Gerichte ihres Landes beifügen, sich nicht mehr mit dem Thema Entschädigung von Zwangsarbeitern zu befassen, da dies nicht im Interesse der USA liege. Die Auseinandersetzung geht um die Frage, wie rechtsverbindlich eine solche Erklärung gemacht werden kann. Der Entschädigungsexperte der Bündnisgrünen, Volker Beck, präzisierte, dass es nicht ausreiche, wenn die Regierung der USA den Gerichten ihren politischen Standpunkt mitteile. Vielmehr müsse sie ihren juristischen Standpunkt klarmachen.

Normalerweise tritt die amerikanische Regierung mit statements of interest in Prozesse ein und empfiehlt, eine Klage abzuweisen, weil ein faires Abkommen erreicht und auf ein besseres nicht zu hoffen sei. Das Gericht schließt sich in der Regel dem statement an, muss es aber nicht.

Dieser Weg erscheint der deutschen Seite zu unsicher. Stuart Eizenstat und Otto Graf Lambsdorff, die beiden Verhandlungs-Moderatoren, zeigten sich in Washington allerdings zuversichtlich, dass alle Rechtsfragen im Laufe des Juni gelöst werden würden. Dies umso mehr, als Reparationsforderungen aus Kriegsschäden bzw. Gefangenschaft an den Fonds, die zwischenzeitlich erhoben worden waren, jetzt „vom Tisch“ seien. So Wolfgang Gibowski, Sprecher der Stiftungsinitiative.

Gibowski verbreitete auch Zuversicht, was die Schließung der Zwei-Milliarden-Lücke bei dem Fünf-Milliarden-Mark-Anteil der deutschen Unternehmer für den Stiftungsfonds anlangt. Bis zum Sommer werde die versprochene Summe zusammenkommen. Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedmann, geißelte hingegen die unzureichende Zahlungsmoral der Wirtschaft und sprach in diesem Zusammenhang von einem peinlichen Offenbarungseid. C.S.