In Berlin gefeuert, nach Bremen geholt

■ Innnsenator Bernt Schulte (CDU) bekommt eine skandalerprobte rechte Hand: Als neuer Staatsrat soll der Berliner CDU-Mann Kuno Böse den alten Staatsrat Wolfgang Goehler ablösen

Das Innenressort bekommt eine neue Nummer zwei: Gestern verkündete Innensenator Bernt Schulte (CDU), dass Dr. Kuno Böse aus Berlin im Sommer neuer Innenstaatsrat werden wird. Der bisherige Innenstaatsrat Wolfgang Goehler scheide „aus gesundheitlichen Gründen“ aus. Mit Böse holt sich die Bremer CDU den lang erwarteten ideologischen Nachfolger von Rechtsaußen und Ex-Senator Ralf Borttscheller nach Bremen.

In Berlin ist Böse kein unbeschriebenes Blatt. Aufgestiegen ist er im Dunstkreis des ehemaligen Präsidenten der Freien Universität und späteren Berliner Innensenators, Dieter Heckelmann. Nach 25 Jahren FDP-Mitgliedschaft trat er 1995 in die CDU ein. Diverse Skandale pflastern seinen politischen Weg, besonders die Zeit zwischen 1995 und dem Januar 2000. In dieser Zeit war Böse Staatssekretär des Innensenators in Berlin – die Position entspricht der eines „Staatsrates“ in Bremen. Doch vor wenigen Monaten wurde Böse ausgemustert – was für Berlin nicht mehr taugt, ist für Bremen gerade recht und billig.

In den „einstweiligen Ruhestand“ versetzt wurde Böse, weil er mit seinem neuen Chef, Eckhart Werthebach (CDU), nicht konnte. Problem: Eigentlich wäre Böse gerne selber Senator geworden. Doch als der frühere Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) im November 1998 nach Brandenburg wechselte, entschied Bürgermeister Eberhard Diepgen gegen Böse und für Werthebach.

Da hatte Böse allerdings gerade einen Skandal hinter sich: Im Frühjahr 1998 nämlich waren anonym Vorwürfe gegen den damaligen Berliner Leiter des Polizei-Lagezentrums Otto Dreksler aufgetaucht: In der Sekte Scientology gehöre er seit Jahren zur Leitungsebene. Gestützt auf die anonymen Unterlagen und die Aussage eines V-Mannes, der früher Stasi-Spitzel war, wurde Dreksler vom Verfassungsschutz von seinem Posten entfernt. Zuständig für den Geheimdienst war Böse. Später aber stellte sich heraus, dass die Vorwürfe haltlos waren, Dreksler wurde rehabilitiert. Böse, waren sich damals viele Insider sicher, habe auf den Verfassungsschutz Druck ausgeübt, um Dreksler eine Verstrickung mit Scientology nachzuweisen. Der Grund: Punktesammeln, um Senator zu werden. Erfolglos.

Auch in dem politischen Nachspiel der Erstürmung des israelischen Generalkonsulats im Februar 1999 in Berlin spielte Böse eine Rolle. Nachdem drei Kurden von israelischen Sicherheitsbeamten erschossen worden waren, wurde öffentlich die Frage diskutiert, ob das Haus besser zu schützen gewesen sei. In einem Mitschnitt eines Telefonats einen Tag vor dem Sturm wurde der abwiegelnde Polizeipräsident zitiert: „Ja, ja, ja, ok. Wir schützen die ganze Welt“. Telefonpartner: Kuno Böse. Später wurde in einigen Tageszeitungen gemutmaßt, Böse habe den Mitschnitt selber in der Öffentlichkeit lanciert, um seinen Chef Werthebach und den Polizeipräsidenten loszuwerden. Bestätigt wurde dies allerdings nie.

Bei den Abgeordnetenhaus-Wahlen in Berlin letztes Jahr war Böse als CDU-Direktkandidat mit rechtspopulistischen Sprüchen im Bezirk Kreuzberg erwartungsgemäß durchgefallen. Als er im Januar 2000 in den einstweiligen Ruhestand geschickt wurde, wollte der als „Arbeitstier“ bekannte Böse eigentlich in die freie Wirtschaft. Warum Böse jetzt als Staatsrat nach Bremen wechselt, statt seinen Lebensabend als 51-Jähriger zu genießen, ist dennoch unklar. Vielleicht hat man ihm nicht gesagt, dass es in Bremen – anders als in Berlin – traditionell nicht üblich ist, dass die Nummer zwei im Ressort später zum Senator gekürt wird.

Dem scheidenden Bremer Staatsrat Wolfgang Goehler dürfte das alles ziemlich egal sein: Aus gesundheitlichen Gründen verlasse er das Schiff, wurde gestern mitgeteilt. Die Gerüchte über sein Ausscheiden gibt es schon länger, bislang wurde immer von privaten Gründen gemunkelt. Dies sei eindeutig nicht der Fall, versichert das Innenressort. Goehler war 1997 als Staatsrat ins Innenressort gekommen, vorher war er General bei der Bundeswehr. Für Bremen ist der frühzeitige Ruhestand – im Herbst wird Goehler 60 Jahre alt – vergleichsweise billig. Aus seiner Zeit als Berufssoldat hat er bereits Versorgungsansprüche der Gehaltsgruppe „B6“ erworben, als Staatsrat bekommt er B7 (die Gehaltsstufe entspricht 13.644 Mark und 21 Pfennig). Bremen bezahlt nur die Differenz zu Pensionsansprüchen aus B6, den Rest übernimmt der Bund, hieß es gestern. cd