Günther Fabian (80) überlebte mit falschen Papieren in Berlin. Bei Himmler schippte er Kohle, in den Volkssturm schmuggelte er sich der rettenden Armbinde wegen – und wenn er gefragt wurde, weswegen er als junger Mann denn nicht an der Front sei, erzählte er: Ich arbeite an der Wunderwaffe.

Man schlug sich so durch. Autoschlosser, wie erhofft, konnte Günther Fabian unter den Nazis nicht werden, so arbeitete er als Tankwart und in anderen Jobs, ehe er zur Zwangsarbeit verpflichtet wurde: unter anderem schippte er Schnee in der Reichshauptstadt. Als Kohlenträger lieferte er Briketts an Ufa-Stars wie Heinz Rühmann und sogar an den obersten Judenverfolger, den Reichsführer SS, Heinrich Himmler. Gott sei Dank musste er auf der verdreckten Arbeitskluft keinen Judenstern tragen – ein SS-Mann überwachte die Arbeit, damit in der Kohle nichts Explosives versteckt wurde.

Durch Zufall entging er im Frühjahr 1943 der „Fabrikaktion“, bei der die als Zwangsarbeiter in Berliner Unternehmen schuftenden Juden verhaftet und in die Vernichtungslager deportiert wurden: An diesem Tag hatte er sich vor der Arbeit gedrückt. Mit gefälschten Papieren kam er bei seiner jetzigen Frau und ihren Schwiegereltern in Weißensee im Osten der Hauptstadt unter – mit der Legende, er arbeite in einem kriegswichtigen Betrieb, entging er den Nazischergen.

Am Ende des Krieges meldete er sich freiwillig zum Volkssturm. Ein Offizier musterte ihn nur kurz. Er war froh, über einen gesunden jungen Mann zu verfügen. Fabian erhielt den lebenswichtigen Ausweis und eine „Volkssturm“-Armbinde und schwor auf Führer, Volk und Vaterland. Als er gefragt wurde, warum er nicht an der Front sei, log er: „Wir bauen an der Wunderwaffe.“ – „Habe ich mir doch gedacht, dass der Führer hilft“, antwortete ihm ein Volksgenosse.

Nach dem Krieg musste Fabian feststellen, dass keiner seiner Verwandten die Shoah überlebt hatte. Dennoch blieb der 25-Jährige in Deutschland. Um etwas Neues aufzubauen, wie der gebürtige Berliner sagt. Regelmäßig spricht er in Schulklassen, um über sein Schicksal zu erzählen. Die Schüler hörten aufmerksam zu, meint Fabian.