Kröning im Spagat Berlin-Bremen

■ Bremens SPD-Bundestagsabgeordneter will auch die Interessen des Bundes im Streit um den Finanzausgleich vertreten

Volker Kröning, Bremens SPD-Bundestagsabgeordneter, soll in Berlin eine besondere Rolle bei den Beratungen um einen neuen Länder-Finanzausgleich spielen. Die Spitze der SPD-Bundestagsfraktion verständigte sich am Mittwoch darauf, dass Kröning den Vorsitz eines Sonderausschusses des Bundestages einnehmen soll.

In Bremen war Kröning in den letzten Monaten bei dem Thema eher als Sonderling behandelt und geschnitten worden. So interessierte sich am Dienstagabend, als Kröning zu diesem Thema vor der „Juristischen Gesellschaft“ einen Fachvortrag hielt, niemand aus dem Senat, kein Bürgerschaftsabgeordneter und keiner aus dem Kreis der sachkundigen Beamten des Finanzressorts für die Auffassung des Bundestagsabgeordneten. Kröning machte nur eine kleine Anspielung auf den innerbremischen Streit: Er bemerkte, er wolle sich „nicht mit den abwesenden Mitstreitern des Bremer Senats verheddern“.

In der Sache war genau das aber dann unausweichlich. Das Bundesverfassungsgericht (BVG) hatte dem Bundesgesetzgeber aufgegeben, zunächst in einem Gesetz die Maßstäbe für den Finanzausgleich zwischen den Ländern festzulegen, damit die tatsächlichen Zahlungsströme nicht immer wieder Gegenstand des politischen Kuhhandels werden. Dazu liege von den Ministerpräsidenten „nichts vor“, bemerkte Kröning knapp. „Stattdessen haben die Ministerpräsidenten eine europapolitische Debatte eröffnet“, deren „Motiv vielleicht“ auch sei, dass „Verhandlungsmasse gegenüber dem Bundeskanzler“ gesammelt werden solle. Die Finanzminister blockierten sich derweil in zwei Lagern gegenseitig. Dass die Ministerpräsidenten derweil einstimmig und ungeachtet der Spaltung der Finanzminister gemeinsame „Eckpunkte“ zur Reform des Länderfinanzausgleichs beschlossen haben, wertet Kröning als „Getue auf den Konferenzen“. Das alles so Kröning, sei „weit entfernt von der Realität“.

Da nach dem Bundesverfassungsgerichts-Urteil der Bundestag die Gesetzgebungsinitiative ergreifen muss, stellt sich die Frage, ob es eine Strategie bei der Selbstblockade der Länder gibt. „Die Länder neigen dazu, sich zu Lasten des Bundes zu einigen“, interpretiert Kröning das Szenario, „aber das kann nicht toleriert werden“: Der Bund selbst sei in einer „Haushaltsnotlage“, und aus dem Bundesverfassungsgerichtsurteilergebe sich zwingend, dass auch die Höhe der Bundesergänzungszuweisungen „der Korrektur“ bedürfe. Im Klartext: Nicht nur die „Geber-Länder“ wollen weniger zahlen, auch der Bund.

„Gelinde gesagt innovativ“ sei das Urteil, erklärte Kröning, in einem bisher wenig beachteten Aspekt: Während das Verfassungsgericht früher auf Traditionsbestände verwiesen habe, werde nun die gestaltende Aufgabe der Verfassung betont. Von Bremen als einem „Wunschkind der Verfassung“ ist nicht mehr die Rede.

Zwischen den Zeilen war aus dem juristischen Vortrag Krönings immer wieder herauszulesen, dass bei der Neubegründung des Länderfinanzausgleichs manche bisherige Position zu Ungunsten Bremens auf den Prüfstand kommen werden. „Möglicherweise die einzige Reißleine für die Fortexistenz Bremens“ sei ein alter Gesetzgebungsauftrag aus einem BVG-Urteil von 1992, nach dem „Vorsorge gegen Haushaltsnotlagen“ getroffen werden müßten. Bremen müsse sich zudem darauf einstellen, dass es den dritten Stadtstaat – Berlin – nicht mehr lange geben werde. Bremen müsse, so Kröning außerhalb des Manuskripts, „im Kern eine Verständigung mit Niedersachsen“ suchen. K.W.