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: Anästhesie ohne Betäubung

„Champions-League-Finale“

(Mi, 19.45 Uhr, tm3)

Man hat es fast lieb gewonnen, das Ärzteteam von tm3. Chefarzt Hiepen. Die Stationsärzte Dahlmann, Ploog und Küpper. Sie haben gute Arbeit geleistet. Ein Jahr lang durften sie die Fußballfans mit Stoff von der Champions League versorgen. Stets hatten sie den Eid des Hippokrates im Sinn, immer den Äskulapstab in der Tasche.

Sie haben die Quacksalber von RTL gelehrt, was es heißt, richtige Diagnosen zu stellen und den korrekten Krankenbericht zu formulieren. Kein Geschwafel. Kein kaiserliches Bramarbasieren. Kein selbstgefälliger Dummschwatz. Leider muss man sich darauf wieder einrichten. Die Kassenpatienten dürfen sich wieder bei RTL einreihen.

Sicher, es wirkte alles verdammt antiseptisch, aber so geht es in einem guten Krankenhaus nun einmal zu. Man durfte Hiepen in der Prosektur auf die Finger schauen, wie er vor einem großen Tisch mit Rummenigge, Kuntz, Müller oder Sammer saß und etwas grob die Stränge des Spiel freilegte. Zum Abschluss hatte sich Chefarzt Hiepen nochmal in den weißesten seiner Anzüge geschmissen, einfach blendend. Wenn es um die Ergründung des Innenlebens des Patienten ging, fuhr das tm3-Team einen überdimensionalen Röntgenschirm aus. Darauf konnte man alle Organe, den Blutfluss und die Knochen anschauen. Blieb noch etwas unentdeckt, kam der „Scope“ zum Einsatz, eine furchteinflößende Analysemehtode, die der ultimativen Wahrheitsfindung diente. Der „Scope“ wird uns fehlen.

Und weil tm3 ein fairer Sender ist, durften sogar die Krankenschwestern mit vor die Kamera. Sie blickten per Computer in die Krankenblätter und sagten daraufhin Sätze wie: „Ich kann mir das nur erklären, weil die Fans von tm3 Außenseiter mögen.“ Wahrlich, tm3, die Außenseiter, denen der große Coup gelang. Für ein Jahr durften die Zuschauer im Emergency Room, im Sektionssaal des Fußballs dabei sein. Bei RTL heißt es nun wieder: im Wartezimmer herumsitzen, mit ein paar bunten Illustrierten zum Zeitvertreib.

MARKUS VÖLKER