Die Megawahlen in Venezuela sind abgesagt

Das Oberste Gericht stoppt die morgigen Wahlen wegen Computerproblemen. Der Präsident und sein Herausforderer sind damit zufrieden

BUENOS AIRES taz ■ Es hätten die schwierigsten Wahlen in der Geschichte Venezuelas werden sollen: 36.000 Kandidaten für 6.241 Ämter, vom Präsidenten über die Nationalversammlung, die Regierungen der 24 Bundesstaaten, alle Bürgermeister und Gemeinderäte – das hätte am Sonntag neu gewählt werden sollen.

Doch am Donnerstag stoppte das Oberste Gericht die von Präsident Hugo Chávez angesetzten Megawahlen – wegen technischer Probleme des Computersystems für die Stimmauszählung. Jetzt müssen Computertechniker das System überholen und das Parlament muss ein neues Datum für die Wahlen festlegen.

Ganz anders ist hingegen die Situation in Peru, wo am Sonntag ebenfalls Präsidentschaftswahlen angesetzt sind. Dort wird der amtierende Präsident Alberto Fujimori die Wahlen unbeirrt durchziehen, trotz eines zweifelhaften Computersystems bei der Stimmauszählung.

Die Grundlage der Entscheidung, die Wahlen in Venezuela auszusetzen, war ein Gutachten des Nationalen Wahlrates (CNE), in dem die Wahlen als unsicher bezeichnet wurden. Das Computersystem sei teilweise inkompatibel und einige Kandidaten würden auf den Bildschirmen der Auszählungsrechner gar nicht erst erscheinen. Vor wenigen Tagen erklärte Marcos González, Jurist des CNE: „Der Oberste Wahlrat ist nicht in der Lage, die Wahlen am 28. Mai abzuhalten.“

Freude herrscht nun bei den Anhängern von Francisco Arias Cárdenas, dem einzigen ernstzunehmenden Gegner von Präsident Hugo Chávez. Aber auch Chávez zeigte sich zufrieden. „Ich bin mir absolut sicher, dass diese Entscheidung zum Wohl des Landes getroffen wurde, um die Sicherheit des Wahlprozesses zu gewährleisten“, sagte Chávez. „Feiern wir, dass das Oberste Gericht ein Zeichen für die Unabhängigkeit der Justiz gesetzt hat.“

Chávez hatte die Megawahlen letztes Jahr auf dem Höhepunkt seiner politischen Erfolge festgesetzt, doch die Zeit der großen Triumphe des Populisten und ehemaligen Fallschirmjägers sind vorbei. Vor wenigen Monaten trennte sich Cárdenas von Chávez und trat als Gegenkandidat an. Er war einst ein enger Verbündeter des Präsidenten. Arias wurde seitdem für Chávez zu einer ernsten Bedrohung. Fast aus dem Stand brachte er es bei Meinungsumfragen auf 30 Prozent. Arias kann die Zeit jetzt nutzen, um den 18-Prozent-Vorsprung von Chávez zu verkleinern.

INGO MALCHER