Expo-Jury ersparte Bremer Flop

Das frisch gekippte Rhodarium sollte Expo-Projekt werden, wurde aber noch rechtzeitig in den Koalitionsmühlen zerrieben

Die Idee war gut: Mit dem Rhododendronpark hat Bremen eine echte Touristenattraktion, die nur leider chronisch defizitär ist. Der Park kostet jedes Jahr vier Millionen Mark Unterhaltungskosten. Obendrein ist allmählich auch eine Erneuerung der maroden Gewächshäuser fällig, Kosten im zweistelligen Millionenbereich drohten.

Da machte das Umweltressort aus der Not eine Tugend: Ein spektakulär gestaltetes Gewächshaus, das verschiedene Klimazonen und Landschaften präsentiert, sollte den Besucherstrom über die einheimische Rhododendronblüte hinaus verstetigen und ökonomisch nutzbar machen. Von den erhobenen Eintrittsgeldern sollte der nach wie vor kostenlose Park drumherum erhalten werden - und der städtische Haushalt entlastet. Die erwarteten Einnahmen ermöglichten die Finanzierung des Baus aus dem Investitionssonderprogramm (ISP) zur Sanierung des Stadtstaats. Zusätzliche Publicity erhoffte man sich vom „Expo“-Label: Der Park wurde als Bremer Beitrag angemeldet. Aber die Expo-Jury machte den Bremern den ersten Strich durch die Rechnung: „Zu geringer wissenschaftlicher Anteil“ hieß es aus Hannover, „zu große Konkurrenz zum Hannoveraner Tropenhaus“, vermuteten viele.

Dann regten sich erste Anwohnerproteste: Ein Verkehrskollaps rund um die Marcusallee wurde befürchtet. Die Skepsis in der CDU wuchs. Die Planungen gingen dennoch weiter. Nur die Kosten verloren die Stuttgarter Architekten Wulf&Partner bei ihrem extravaganten Entwurf aus dem Blick. Im August 1999 kam ein Millionenloch ans Tageslicht, das auch der eigens beauftragten Controlling-Firma entgangen war.

Als der Senat deutlich machte, dass es keinen Nachschlag zu den bewilligten 53 Millionen Mark geben würde, ging es ans Abspecken: Dem insektenartigen Baukörper wurde ein Flügel ausgerupft, der technische Aufwand deutlich heruntergefahren, die geplante Abendgastronomie ganz gestrichen. Der Attraktivität sollte das keinen Abruch tun. Die Betreiber rechneten weiterhin mit rund 300.000 BesucherInnen im Jahr.

Doch das Projekt musste noch einmal durch die Koalitionsmühlen, und wieder sollte es Federn lassen: In den Beratungen zum Doppelhaushalt 2000/2001 einigten sich SPD und CDU auf „substanzielle“ Einsparungen bei Rhodarium und Rennbahn. Erneut ging das Rechnen los, und Michael Werbeck vom Umweltressort musste im April ohne endgültigen Kostenrahmen um die Zustimmung des Beirats werben. Das Gremium zeigte sich verärgert und hat auch einen Monat später noch keinen Beschluss dazu gefasst.

Diese Mühen hätte man sich sparen können: Kurz vor Expo-Beginn steht das Ex-Expo-Projekt vor dem Aus. SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen zog die Reißleine: Das Rhodarium sei unwirtschaftlich und solle nicht gebaut werden, sagte er, ohne neue Berechnungen zu präsentieren. Umweltsenatorin Christine Wischer (SPD) ist brüskiert und schweigt. Bürgermeister Henning Scherf (SPD), der noch vor Wochen dem Expo-Status nachtrauerte, vermittelt erfolglos. Plötzlich sieht sich die CDU in der Rolle als Verteidigerin des ungeliebten Bauvorhabens, denn Planungskosten und Ersatz der alten Gewächshäuser könnten leicht mit 20 Millionen Mark zu Buche schlagen - ohne dass Einnahmen folgen würden. not