„Ökologisch richtig“

Steigende Benzinpreise fördern den Verkauf Sprit sparender Autos, sagt Martin Jänicke, Sachverständiger der Bundesregierung für Umweltfragen

Interview HANNES KOCH

taz: Der Preis für Superbenzin liegt über zwei Mark – und nun wollen die Ölkonzerne noch 13 Pfennige draufschlagen. Glauben Sie den Unternehmen, dass sie das tun müssen, weil sie sonst kein Geld verdienen?

Martin Jänicke: Der hohe Wert des US-Dollar und die steigenden Rohölpreise müssen wahrscheinlich dazu führen, dass auch der Benzinpreis anzieht. Aber der notwendige Umfang ist schwer zu beurteilen. Nach aller Erfahrung sind die Ölkonzerne ja in der Lage, kräftig zu ihren Gunsten umzuverteilen.

Sie meinen, dass die angekündigte Erhöhung um 13 Pfennig teilweise dazu ient, die Taschen der Industrie zu füllen?

Das sichert zumindest die hohe Rendite.

Empfinden Sie dennoch Sympathie dafür, dass die Unternehmen die Benzinpreise erhöhen wollen?

Wenn das nur dazu dient, die Gewinnmargen zu sichern, kann man das nicht sinnvoll finden. Aus ökologischer Sicht betrachtet ist aber jede Erhöhung richtig.

Damit die Leute weniger Autofahren, wenn das Benzin mehr kostet?

In erster Linie sehe ich darin ein Signal, auf bessere Technik umzusteigen. Die Leute werden ermuntert, sparsamere Autos zu kaufen. Die Ersparnis dadurch kann viel höher ausfallen als durch niedrigere Spritpreise. Überlegen Sie sich mal, wie viel Geld man in zehn Jahren spart, wenn man ein Auto mit fünf Liter Verbrauch fährt, anstatt eines, das neun Liter schluckt. Da geben Sie einige tausend Mark weniger aus. Die Erhöhung der Kosten für Treibstoff ist keine Erdrosselung des Autofahrers, wie immer behauptet wird – eher ein Ansatz, mittelfristig die Kosten zu verringern.

Die Ölindustrie macht jetzt im Ergebnis das, was die Grünen immer schon wollten: Spritpreise rauf.

Wenn ein Lenkungseffekt zugunsten der Umwelt und des Klimas eintreten würde, wäre das ökologisch natürlich zu wünschen. Das muss man nicht beklagen. Leider ist aber bekannt, dass die Leute wegen steigender Preis nicht weniger mit dem Auto fahren.

Mit derart unpopulären Argumenten leisten Sie der Kampagne Vorschub, die zur Zeit gegen die rot-grüne Bundesregierung läuft.

Ich bin nicht Politiker, sondern Wissenschaftler. Für meine Position gibt es viele gute Argumente, die zum Beispiel die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) immer wieder erwähnt. Und die Ökosteuer haben viele andere europäische Länder längst eingeführt. Nur in Deutschland ist der Widerstand derart hartnäckig.

Fürchten Sie, dass die Regierung klein beigibt und die nächste Stufe der Steuererhöhung hinauszögert?

Das wäre sehr ungewöhnlich. Die Rücknahme würde ähnliche politische Kosten mit sich bringen wie die Einführung – nur bei einer anderen Klientel. Millionen organisierter Umweltschützer würden das gar nicht verstehen.