liberale personalia
: Gerhardt steht für FDP mit Gerhardt!

Seit Jürgen W. Möllemann die FDP in Nordrhein-Westfalen in den Himmel gehoben hat, wird die Debatte um Parteichef Wolfgang Gerhardt täglich unterhaltsamer. Im Zeitraffer: Möllemann gegen Gerhardt, der Pfälzer Brüderle für Gerhardt, Generalsekretär Westerwelle für sich selbst, der Holsteiner Kubicki gegen Gerhardt und für Möllemann, Jürgen W. für Möllemann – und Gerhardt natürlich ausschließlich für Gerhardt. So tönt liberale Aufbruchstimmung derzeit.

Ein Signal für den Koalitionswechsel? Vielleicht! Nur: Koalitionswechsel kosten die FDP immer viele Wählerstimmen. So war es beim Wechsel zu Willy Brandts SPD 1969, und so war es bei der Wende zur Kohl-CDU 1982. In beiden Fällen jedoch konnte sich die Partei langfristig stabilisieren. Warum also nicht ein dritter Wechsel, zur neuen Mitte von Gerhard Schröder?

von KLAUS HILLENBRAND

Weil es außer dem reinen Partnertausch überhaupt keine Gemeinsamkeiten zwischen Möllemanns sozialdemokratischen Anwandlungen und Walter Scheels Schritt zur SPD gibt. Damals ging es der FDP ums Grundsätzliche: neue Ostpolitik nach außen und mehr Freiheitsrechte im Innern. So ein Programm war nur mit der SPD durchsetzbar. Und selbst der Wechsel Genschers zu Kohl 1982 diente nicht nur dem schnöden Machterhalt, sondern sollte eine neue Wirtschaftspolitik durchsetzen.

Möllemann dagegen konnte bisher keine blasse Vorstellung davon geben, welche neuen Inhalte eine sozialliberale Option denn bieten sollte. Der neue, in Wahrheit ziemlich alte Shooting-Star aus Düsseldorf will nur mit Vehemenz an die Macht. Das ist in der Politik nicht verboten: Politiker, die nicht karrieregeil sind, müssen noch erfunden werden. Doch eine Aufbruchstimmung wie weiland Walter Scheel wird Möllemann nicht schaffen. Dazu fehlt ihm nicht nur das Programm, sondern auch das politische Format.

Tragisch für Wolfgang Gerhardt seinerseits ist die Tatsache, dass ihm die Argumente für die konservative Option abhanden kommen: Für die Wirtschaftsbosse ist die schrödersche SPD mit Green Card und Steuererleichterungen allemal attraktiver als eine Union, die darüber streitet, ob Inder das deutsche Lebensgefühl beeinträchtigen.

Und so reduziert sich das Problem der FDP darauf, zeitig zu erraten, ob SPD oder Union bei der Bundestagswahl 2002 die Nase vorn haben werden. Wer aufs falsche Pferd setzt, bleibt in der Opposition. Kleiner Hinweis: Jürgen Möllemann hatte schon in Düsseldorf den richtigen Riecher.

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