Backwerk mit Qualität
Karens KochKunst – die Serie der taz hamburg für GenießerInnen. Teil 46:

Selber rühren als Ausweg aus der Tortenkrise  ■ Von Karen Schulz

In einer Großstadt wie Hamburg findet man viele kulinarische Genüsse – und diese meist in recht annehmbarer Qualität. In einem Bereich jedoch sind wir HamburgerInnen ganz schön arm dran: beim Backwerk. Nur wenige Mitmenschen können sich heute noch bei Institutionen wie der „Kleinen Konditorei“ in Eimsbüttel mit gutem Kuchen und köstlichen Brötchen versorgen – die übrigen müssen mit den luftig-trockenen Gebilden der allüberall lauernden Kettenbäckereien vorlieb nehmen.

Selbst eine Hamburger Spezialität wie das Franzbrötchen wird hier verhunzt: mit Streuseln oder Rosinen verfremdet, pseudo-gesund aus Vollkornmehl oder auch einfach nur unsensibel mit allzu viel klebriger Zucker-Zimt-Masse bewehrt, so dass potentiellen KundInnen in einem Umkreis von 10 Metern um das Bäckereifachgeschäft bereits die Nase zuckt. Das gute alte Franzbrötchen ist nur noch bei wenigen Bäckern wirklich empfehlenswert, z. B. bei der Bäckerei Oertel, wo es nicht zu knusprig, nicht zu zimtig, sondern gerade richtig mundet. Dieses Lamento ließe sich ganz leicht auf weitere Backerzeugnisse ausdehnen: Vom Kirschkopenhagener bis hin zu Teilchen mit so albernen Namen wie Erdbeer-Wuppi schmeckt man den Kettenbäckereien die Massenproduktion einfach an. Da selbst die köstlichsten portugiesischen Teilchen wie Pasteìs de Nata, zu denen KuchenliebhaberInnen wiederholt Zuflucht suchen, irgendwann immer gleich schme-cken, bleibt nur noch ein Ausweg: selber backen!

Wer noch nie Mixer und Kuchenform geschwungen hat, darf allerdings eines nicht übersehen: Anders als beim Kochen nehmen Gebäcke Experimente und allzu lässigen Umgang oft übel. Daher sollte man vertrauenswürdigen Rezepten folgen und die Zutatenmengen genau auswiegen, sonst gibt es Klitschkuchen, den ja auch nur wenige Menschen wirklich gerne essen. Neben Rezeptbuch und Waage braucht es dann noch einen Mixer - das gute alte Handrührgerät oder die multifunktionale Küchenmaschine - und natürlich die gewünschte Kuchenform. Wer klein anfangen will, kann es auch erstmal mit ofenfesten Auflaufformen versuchen (die allerdings die Wärme nicht so gut leiten wie dünnere Metallformen) und rührt den Teig im Zweifelsfall per Hand. Schließlich schwört so mancher Profi beispielsweise bei Baiser auf handerzeugten Schaum!

Mit Baiser lassen sich übrigens Gäste nachhaltig beeindrucken, gilt er doch als Prüfstein für die heimische Backproduktion. Trocknet dafür Eischaum aus Eiweiß und Zu-cker lange bei niedriger Temperatur im Ofen, ergibt dies den knusprig festen, klassischen Baiser. Für AnfängerInnen hingegen empfiehlt sich die zweite Variante: Der Kuchen wird mit einer dicken, innen leicht feuchten, außen gebräunten Baiserschicht (siehe Rezept) gekrönt. Das Gute daran: Der Kuchen schmeckt selbst dann noch köstlich, wenn der Baiser in kühler Umgebung doch in sich zusammensinken sollte!

Empfehlenswerte Grundbackbücher: Basic Baking (Cornelia Schinharl, Sebastian Dickhaut, Gräfe&Unzer, 168 S., 29,90 Mark); Dr. Oetker Grundbackbuch (Ceres Verlag, 160 S., 19,80 Mark); Backen. Die neue große Schule (Zabert Sandmann Verlag, 263 S., 39,80 Mark).