Unsauberer Persilschein für die CDU

■ Bundespräsident bescheinigt Bremer CDU, Spendenaffären-Geld als „Zuschuss von Gliederung“ gebucht zu haben / Laut CDU-Gutachten war Teil davon aber „sonstige Einnahme“

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hat der Bremer CDU einen Persilschein in Sachen Spendenaffäre ausgestellt – und gleichzeitig den Wirtschaftsprüfern Ernst & Young widersprochen. Die Transferleistungen der Bundes-CDU an den Landesverband Bremen seien – „soweit bisher erkennbar“ – in den einschlägigen Rechenschaftsberichten „korrekt ausgewiesen worden“. So steht es in einem Brief der Thierse-Verwaltung an den Landesvorstandssprecher der Bremer Grünen, Wolfram Sailer. Für die „Welt“ war gestern klar: „Thierse bescheinigt Bremer CDU korrektes Finanzgebaren“.

Die Grünen hatten am 6. April einen Brief an den Bundestagspräsidenten geschrieben: Da die CDU Bremen nur tröpfchenweise Informationen über ihr Finanzgebaren mache, solle Thierse die Angaben der Bremer CDU überprüfen. Zugegebenermaßen hat die Bremer CDU 1991 300.000 Mark aus dunklen Kanälen erhalten, 1995 noch einmal 70.000 Mark. Immer wieder behaupteten die Christdemokraten aber, das Geld korrekt im Rechenschaftsbericht aufgeführt zu haben. Unter welchen Posten das Geld vermerkt wurde, sagte CDU-Landeschef Bernd Neumann allerdings nie.

Der Elf-Zeiler aus Thierses Referat PD 2, (Parteienfinanzierung/Landesparlamente) beweist, wie schlampig die Bundestagsverwaltung in Sachen Spendenaffäre recherchiert, wenn eine Anfrage aus der Provinz kommt. Denn die Antwort steht im direkten Widerspruch zu einem Wirtschafts-Prüfungsbericht, den die Firma Ernst & Young im Auftrag der CDU erstellt hat. Thierses Mann schreibt, die betroffenen Summen seien beim Landesverband Bremen als „Zuschüsse von Gliederungen“ korrekt ausgewiesen worden. Problem: Ernst & Young stellte zumindest für die 70.000-Mark-Summe im Jahr 1995 eindeutig fest: Diese sei in zwei Tranchen unter „sonstige Einnahmen“ eingebucht worden und nicht unter „Zuschuss von Gliederungen“. Nachzulesen im viel zitierten „Bericht über die Prüfung der beim Bankhaus Georg Hauck & Söhne KGaA, Frankfurt/Main in den Jahren 1993 bis 1998 für die CDU geführten Treuhandkonten“ aus dem Januar 2000.

Auf Anfrage der taz gab sich der Bundestags-Mitarbeiter überrascht: „Wie? Im Ernst & Young-Bericht wird auch Bremen erwähnt?“, fragte er. Dann räumt er ein, dass sein Brief an die Bremer Grünen auf einer „reinen Schlüssigkeitsprüfung“ beruht. Mit anderen Worten: Der Mitarbeiter nahm sich die allgemein zugänglichen Rechenschaftsberichte und schaute, in welcher Rubrik die Summen am ehesten reingepasst haben könnten. Neue erhellende Informationen der CDU-Bremen konnte er nicht zu Rate ziehen: Die erbetenen Unterlagen sind bislang nicht bei Thierse eingegangen. Auf den Ernst & Young Bericht angesprochen, räumt der Experte für die Spendenaffäre ein: „Dann könnte wohl ein Widerspruch vorliegen“. Er wolle der Sache nachgehen.

Der Unterschied, ob die 70.000 Mark als „Zuschuss von Gliederung“ oder als „sonstige Einnahmen“ eingebucht wird, ist entscheidend: Ein Zuschuss muss nämlich nach Einschätzung des Parteienforschers Tilo Streit auch direkt von einem Konto der zuweisenden Parteigliederung kommen. Im Ernst & Young-Bericht ist aber ebenfalls vermerkt, dass die 70.000 Mark bar von einem Weyrauch-Konto ausgezahlt wurden – mindestens ein Zwischenkonto muss also für den Geldweg nach Bremen eingeschaltet worden sein. War dieses Zwischenkonto ein Privatkonto, hätte es eigentlich als Spende behandelt werden müssen. Doch ab 20.000 Mark sind Spenden von Privatpersonen anzeigepflichtig. Christoph Dowe