Klagen und Widersprüche nur noch aus dem Ausland

Die finnische Regierung verschärft das Asylrecht. Insbesondere Roma aus Osteuropa sollen innerhalb kürzester Zeit wieder abgeschoben werden

STOCKHOLM taz ■ Fünf Tage soll in Zukunft die maximale Bearbeitungsdauer für Asylanträge sein, welche die finnische Flüchtlingsbehörde als „offensichtlich unbegründet“ einschätzt oder hinter denen Aylsuchende stehen, die aus einem „sicheren“ Asylland eingereist sind. Unmittelbar mit dem Ergehen des Bescheids, also nach diesen maximal fünf Tagen sollen die solcherart abgewiesenen Flüchtlinge aus dem Land auch abgeschoben werden. Ein etwaiges Klageverfahren können sie allenfalls aus ihrer Heimat betreiben oder aus dem Land, in das sie abgeschoben wurden.

Mit diesem radikalen Gesetzentwurf geht die schwarz-gelb-rot-grüne „Regenbogen“-Koalition noch einen Schritt weiter als im ursprünglichen, Anfang dieses Jahres vorgelegten Vorschlag für eine Verschärfung des Asylrechts. Auch hier war zwar eine maximale Bearbeitungsdauer von fünf Werktagen vorgesehen, den abgelehnten Asylbewerbern sollte aber immerhin noch eine Woche Zeit gelassen werden, bis ein Verwaltungsgericht über eine eventuelle Klage entschieden haben würde. Dieser Entwurf stieß aber auf Bedenken des Verfassungsausschusses des Parlaments: Als mit der Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit unvereinbar wurde es angesehen, den RichterInnen eine Entscheidungsdauer von einer Woche zu verordnen.

Innenminister Häkämies nahm sich diesen Vorwurf eines möglichen Verfassungsverstoßes zu Herzen. Das bisherige Ausländerrecht wird an diesem Punkte nicht geändert. Die VerwaltungsrichterInnen können sich auch in Zukunft so viel Zeit für eine Asylentscheidung lassen, wie es ihre richterliche Unabhängigkeit fordert. Nur die Asylsuchenden sollen kein Recht mehr haben, den Ausgang dieses Verfahrens in Finnland abzuwarten – selbst wenn es den meisten unmöglich sein dürfte, ein Gerichtsverfahren aus dem Ausland heraus zu betreiben. Nach Beurteilung der RegierungsjuristInnen ist aus der finnischen Verfassung ein Bleiberecht während der Dauer des Verfahrens nicht abzuleiten.

Finnland liegt aufgrund seiner Lage am Rande Europas und seiner bekannt restriktiven Flüchtlingspolitik bei der Zahl der Asylgesuche ganz unten auf der Liste der europäischen Asylländer. Aktuell zielt die Gesetzesverschärfung auf einen stetigen, wenn auch nicht allzu umfangreichen Zustrom von Roma-Flüchtlingen, die im vergangenen Herbst und Winter vor allem aus der Slowakei und Tschechien nach Finnland kamen, seit einigen Monaten aber in erster Linie aus Polen.

Nachdem die Westgrenzen der osteuropäischen Länder für die Roma fast völlig dicht sind, ist der Umweg über Russland und die Einreise nach Finnland das letzte Nadelöhr gen Westen. Fast täglich kommen derzeit polnische Roma mit den Zügen aus Moskau und St. Petersburg über die russisch-finnische Grenze ins Land und beantragen Asyl.

Asylgesuche von Roma aus Osteuropa werden von den finnischen Behörden durchweg als „offensichtlich unbegründet“ bewertet und würden damit unter die neue „Fünf-Tage-Regelung“ fallen. REINHARD WOLFF