Als Lehrer nie eine Maus in der Hand

■ Moderne Computer sollen endlich an alle Schulen kommen – aber was können die damit anfangen? Bisher fehlen Geräte, Konzepte und Fach-Lehrer – zum Beispiel am AG

Der Nachholbedarf bei der Qualifikation an moderner Medien-Technologie ist allgemein: Bundeskanzler Gerhard Schröder sucht Profil mit einer „Green-Card“-Aktion, die vor allem bildungspolitische Versäumnisse der letzten Jahre zu korrigiert. Bremens Bildungssenator Willi Lemke macht Woche für Woche Schlagzeilen mit derselben Meldung: Computer müssen an die Schulen! Aber was können die Schulen mit den Computern machen?

Zum Beispiel am „Alten Gymnasium“ (AG). Auch da geht es eher um die Korrektur der Versäumnisse der letzten Jahre. Das alte Gymnasium hatte im vergangenen Jahr einen umfangreichen Antrag an die Bremer Bildungsbehörde ausgearbeitet, in dem der Bedarf an „IuK-Techniken“ für eine zukunftsgerichtete Ausbildung seitenlang begründet wurde: Das Textlabor des AG ist über 10 Jahre alt, die Sprachausbildung findet völlig ohne PC-Unterstützung statt, im Lehrerzimmer steht kein PC, auf dem Lehrer mal eben was ausprobieren oder nachsehen können. Der Musik-Unterrichtet kennt das heute selbstverständliche elektronische Instrumentarium nicht, den Informatik-Raum schmücken sieben ältere Rechner, den müssen sich die sechs Informatik-Leistungskurse teilen, andere Schüler kommen da kaum ran. Für 100.000 Mark wollte das AG seine technische Ausstattung auf einen aktuellen Stand bringen, hatte den Bedarf detailliert aufgelistet – die Bildungsbehörde lehnte das 1999 aber ab. Wenn in Schüler oder eine Schülerin am AG einen PC beherrscht, dann liegt das oft weniger an der Schule als am Elternhaus, sagt die stellvertretende Schulleiterin Christa Sanders-Terhorst. Durch die Spende der Bremer Bank kommt das AG nun endlich an vier neue Pentium-Rechner. Die sollen in den Fremdsprachen-Fachräumen und in den Naturwissenschaften aufgestellt werden. Im Herbst soll das AG auch einen modernen „Multimedia“-Raum bekommen, 70.000 Mark sollen zur Verfügung stehen. Der ersetzt das alte Text-Labor, die 12-Zoll-Bildschirme kommen dann endlich zum Sondermüll. Das AG ist eine von fünf Schulen, die an einem dreijährigen Schulversuch „Multimedia“ teilnehmen: Denn Erfahrungen, wie die Geräte sinnvoll im normalen Unterricht (Deutsch, Englisch, Naturwissenschaften, Mathematik) eingesetzt werden sollten, gibt es unter der Bremer Lehrerschaft kaum – woher auch? Insbesondere wenn für 20 Millionen Mark geklotzt werden soll, wie es die SPD-Fraktion vorhat, dann stellt sich die Frage, ob es auch hinreichend Personalk an den Schulen gibt, das mit den SchülerInnen den sinnvollen Umgang üben kann. Wenn die SchülerInnen machen und dazu per Internet Informationen sammeln sollen, dann taten sie das bisher weitgehend zu Hause – sofern sie das ohne Hilfe konnten oder dort Hilfe hatten. Das soll künftig dann auch in der Schule möglich sein. Helfen sollen die PCs aber auch im reinen Sprach-Unterricht. Grammatik am PC zu lernen macht durchaus Sinn: Jede Schülerin hat feed-back, jede hat zu tun, es gibt spielerische Lern-Formen, der Lehrer merkt nicht immer jeden Fehler. Der PC ersetzt nicht die Lehrer, kann aber bei der Vermittlung des Wissens helfen. Für die Lehrer bringt das eine ganz neue Rolle – die sie erst lernen müssen. „Wir haben Lehrer, die haben noch nicht eine Maus in der Hand gehabt“, sagt Frau Sanders. Im Jahre 2002, so das Ziel am AG, soll das „ITG-Grundwissen“ in der 7. Klasse vermittelt werden, die SchülerInnen sollen schon in der Mittelstufe Auslandskontakte per Internet pflegen und Messergebnisse am PC auswerten. Derzeit fehlen nicht nur die Geräte, auch die Lehrer: „Man müsste auch im Personalbereich klotzen“, sagt die stellvertretende Schulleiterin. K.W.