Trendiges Tandem für Berlin

SFB und der Musikkanal Viva machen sich gemeinsam auf die Suche nach der Szene

Berlin hat Platz für alles. Für Szene, sterbend oder aufbrechend, und die Diskussionen darüber. Ab und zu bekommt es neue Stempel und Trends aufgedrückt. Oder ein neues Magazin. Noch eins. „Berlin-Beat“ hat heute Abend seine Zweitpremiere auf Viva.

Als Gemeinschaftsproduktion war es bereits letzten Donnerstag im Hauptstadt-Fernsehen B1 zu sehen. Die beiden Sender möchten, dass sich Zuschauer künftig „im Berliner Tag- und Nachtleben zurecht finden und neue Trends auf gar keinen Fall verpassen“. Viva hat das zuvor schon versucht. Bisher ist der Musikchannel in Berlin zwar glücklos geblieben. Der SFB, der dagegen schon seit Jahrzehnten fest in Berlin sitzt, braucht aber dringend eine Frischzellenkur für seinen Sender B1. So entstand das gemeinsame Magazin, mit dem nun auch Viva die Stadt „in Zukunft verstärkt auf ihre Trendfähigkeit hin abklopfen“ will, heißt es vom Sender. Viel Veranstaltungsservice soll es geben und immer gleiche Kategorien zum Wiedererkennen: Porträts mit Leuten, „die sich in der Szene einen Namen gemacht“ haben. Die Rubrik „Nachtschwärmer“ für neue Clubs und die „Klassiker“ vom Sofa aus.

„Wir können es uns leisten“, sagt Programmdirektorin Barabara Groth und meint die Produktionskosten. Eine Oberschöneweider Fabriketage stellt das Studio und liefert unrenovierte 60er-Atmosphäre. Und Moderatorin Jackie A. ist „eine echte Berliner Szenefrau“. Statt einer eigenen B1-Redaktion springt Berlins kostenloses Stadtmagazin 030 ein. Zweiwöchentlich mit Informationen aus den Szenekanälen. Berlin-Beat soll „was richtig Gewagtes auf B1“ sein, sagt Chefin Groth, weil sich jüngere Zuschauer gemäß Medienforschung mehr Angebote wünschten. Der SFB habe nun die „unzweifelhafte Berlin-Kompetenz“ und mit Viva das Vehikel, um 18- bis 30-Jährige anzusprechen. Darin sei B1 ja bisher „noch nicht Weltmeister“. Ein Jahr haben sich die Macher gegeben, Zuschauer zu sammeln. Berührungsängste hat der öffentlich-rechtliche SFB mit Viva als Privatsender nicht gehabt. Programmchefin Groth lobt die unkomplizierte Zusammenarbeit und die locker-alternative Erscheinung von Viva-Geschäftsführer Dieter Gorny. Dessen Unternehmen Viva und Viva 2 gehören allerdings überwiegend großen Musikkonzernen wie Warner Music, EMI und Universal Music.

Ob „Berlin-Beat“ so nah an welche Szene auch immer herankommt, ist abzuwarten. Heute Abend jedenfalls wartet Jackie A. vor allem mit Altbekanntem auf: Zur WMF-Wiedereröffnung beklagen Nachtschwärmer fehlenden Underground, der Karneval der Kulturen steht vor der Tür, im Prater sitzt es sich gut. Barbara Groth findet das plausibel, denn schließlich werde Berlin auch jünger durch die vielen Internet-Firmen, vielen Leuten seien solche Locations noch nicht bekannt. Nicht zuletzt, sagt die alerte Programmchefin, sei es ja auch für Eltern und Großeltern schön, wenn sie bei B1 zu sehen bekommen, was in der Jugendszene läuft. MARGRET STEFFEN