Gipfel nur Mini-Erfolg

Clintons Einigung mit Putin auf ein Raketenfrühwarnzentrum bewegt in den USA wenig. Rüstungsfraktion weicht von Star-Wars-Plänen nicht ab

WASHINGTON taz ■ Das Gipfeltreffen der beiden Großmacht-Präsidenten Bill Clinton und Wladimir Putin in Moskau wurde in den USA gestern gering geschätzt. „Wichtig“ zwar fand Joseph Cirincione, Raketenabwehr-Fachmann bei der Carnegie-Stiftung für internationalen Frieden, die Einigung auf ein Raketenfrühwarnzentrum. Für den aktuellen Streit um den geplanten Raketenabwehrschild freilich sei sie „völlig unbedeutend“.

Die Einrichtung eines gemeinsamen Raketenüberwachungszentrums sei eine alte Idee, erklärte Cirincione der taz. Sie geht auf einen Beinahe-Atomkrieg zurück: Ende 1997 hielten die Russen eine harmlose norwegische Wettersatellit-Rakete für eine amerikanische Interkontinentalrakete und hätten beinahe ihre Atomköpfe startklar gemacht. Die Angst vorm Jahr-2000-Computerfehler verschärfte die Sorge um den Zustand der russischen Anlagen. Die Idee eines gemeinsamen Informationaustausches wurde dann wegen des Kosovokriegs auf Eis gelegt, ist in diesen Tagen aber wieder hoch aktuell, da amerikanische Forschungen nachweisen, dass Russlands Raketenabwehr viele blinde Flecken hat. „Das Abkommen gehört zu der mageren Ausbeute des Moskauer Gipfels, der so viel erfolgreicher hätte sein können, wenn Clinton sich nicht darauf eingelassen hätte, Raketenabwehr statt weiterer Abrüstung von Atomwaffen ins Zentrum seiner Gespräche zu stellen“, sagte Cirincione.

Was immer Clinton in dieser Frage noch nach Hause bringt, es hat so gut wie keine Aussichten, vom Senat ratifiziert zu werden. Der außenpolitische Sprecher des Senats, der Republikaner Jesse Helms, hat schon vor Clintons Reise angekündigt, dass der Senat keinem Vertrag zustimmen werde, der Amerikas Freiheit, eine voll entfaltete Raketenabwehr aufzubauen, einschränken würde. „Wir werden auf jeden Fall eine Raketenabwehr haben“, sagt Frank Gaffney vom Center for Security Policy, „die Frage ist nur, ob wir sie haben werden, bevor wir sie brauchen.“

Die Renaissance der schon tot geglaubten Star-Wars-Phantasie des Ex-US-Präsidenten Ronald Reagan führt William Hartung vom World Policy Institute auf das Überdauern der Ideologie des Kalten Kriegs sowie auf viel Geld zurück. In einer Studie, die sein think-tank am Vorabend von Clintons Reise nach Moskau vorlegte, wies er nach, dass die großen vier Rüstungskonzerne in den Vereinigten Staaten 34 Millionen Dollar für Lobbyarbeit und 5 Millionen an Wahlkampfspenden für die 27 Senatoren von der Raketenfraktion ausgegeben haben. Clintons Star-Wars-light-Version solle denn auch eher den demokratischen US-Präsidentschaftskandidaten Al Gore vor seinem Kontrahenten George Bush jr als Amerika vor koreanischen Raketen schützen, so Hartung. PETER TAUTFEST

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