Tusch! Tätää! Palimpalam!

Mit „Rudis Suchmaschine“ betreibt Carrell sein Comeback bei der ARD und käut alte Gags wieder

von BIRGIT GLOMBITZA

Er ist zurückgekehrt. Rudi Carrell, der Zombie der humorfreien Sketche und des schütteren Frohsinns, kehrt nach sieben RTL-Jahren heim ins öffentlich-rechtliche Reich. Als sei die ARD ein Seniorenhort „Letzter Frieden“, in dem man sich unter Seinesgleichen wegen seines welken Witzes und seiner Grins-Starre nicht schämen muss.

In der neuen Sendung sollen vor allem Menschen aus Rudi Carrells Altersgruppe die Angst vor neumodischen Einrichtungen verlieren, denn es geht um die „freiwillige und unfreiwillige Komik in den unendlichen Weiten des Internet“.

Für einen Sender, der in seiner Format-Strickstube das Medium doch überwiegend ignoriert, kommt das einem futuristischen Aufbruch gleich. Für Rudi jedenfalls sind die neuen Kommunikationstechnologien „kein Problem“. Schließlich nennt sich der Königspudel unter den Alt-Entertainern gerne „ich alter Hacker“ und hält sich aufrichtig für verwegen.

„Rudis Suchmaschine“ heißt das wöchentliche Malheur, das so tragisch daherkommt, dass man nach so viel geschauter Not am Ende auf die Einblendung eines Spendenkontos wartet. In seiner neuen Show will der Holländer „die lustigsten Seiten“ im Internet vorstellen. So die Drohung. Von Stefan Raab bis Sepp Maier dürfen etliche Fernsehnasen vorbeikommen, um abgesprochene Witze zu erzählen, gute Miene zum steifen Spiel zu machen und für ihre Homepage zu werben. Ein Lesezirkel, der sich ausgiebig in die Gelben Seiten vertiefen will, ist ein Thriller dagegen.

Nach einem Vorspann, in dem eine kopfstimmige Sirene den Sendungstitel so oft singt, dass mancher schon an Hospitalismus denken mag, kommt unser aller Rudi und lächelt. Grundlos und schief. Wie man ihn kennt, seit vierzig Jahren. Hier eine Witzelei über seine Landsmänner und ihre Vorliebe für Anhänger und Wohnwagen. Da eine Einspielung alter Gags aus dem ARD-Trödel „Rudis Tageshow“ und aus der „Rudi Carrell Show“. Kommt ein Mann ins Reisebüro. Palimpalam. Und fragt die viel beschäftigte Frau hinterm Tresen: Wie lange dauert ein Flug nach Mallorca? Eine Sekunde!, so die Fachkraft und telefoniert weiter. Da nickt der Mann zufrieden und geht. Palimpalam. Kein Zweifel. Das ist ein Brüller! So etwas muss man erst einmal hinkriegen. Der sitzt auch nach zwanzig Jahre gut im Strumpf, findet Rudi und bleibt noch eine Weile hingerissen von der eigenen Altlast. Und jetzt eine Überleitung, prompt und elegant aus der künstliche Hüfte geschossen.

„Wir zeigen Sketche aus Rudis Tagesshow, die nie wiederholt wurden, aber immer noch zeitgemäß sind“, Achtung!, „wie das Internet.“ Ufff. Wenn das kein gestandener Doppelaxel war, von „Rudis Suchmaschine“ zu „Rudis Resterampe“. Hier wird die Kunst der leichtlippigen Moderation neu erfunden.

Mit Herbert Feuerstein klemmt sich Rudi dann hinters Laptop und klickt www.billybillybillybilly.de, Feuersteins Internet-Portal, an. Sein animierter Hund wartet da, auf eine Streichelhand zum Reinbeißen, einen Napf zum Reinkotzen oder eine Katze zum Durchpoppen. Die alten Herren freuen sich kugelig. Das ist nicht nur pikant, das ist geradezu subversiv. Rudi, du schlimmer alter Hacker! Das Feuerwerk der Gags ist noch nicht zu Ende. Und Herbert Feuersteins Gequatsche auch nicht. So redet er und redet und redet immer noch. Obwohl Rudi jetzt so aussieht, als würde er lieber Torten schmeißen oder mit seinem neuen Furzkissen spielen.

„Rudis Suchmaschine“ könnte auch doppeldüsige Staubsauger vorführen oder die Vorzüge einer Kartoffelreibe demonstrieren. Mit dem morbiden Charme einer Butterfahrt beweist das Ganze schließlich Zielgruppenbewusstsein. Zehn Wochen lang soll das so gehen. „Zunächst“, wie der PR-Text auf www.rudissuchmaschine.de hofft.

Nebenbei bringt hier auch die ARD, bringt das Fernsehen selbst den Geriaten Carrell und seinen „spitzbübischen Charme“ gegen eine Entwicklung in Stellung, die das Medium in absehbarer Zeit seine Vorrangstellung kosten wird. Das Internet und seine ironisch umschrieben „unendlichen Weiten“ sind schließlich nicht mehr der alberne Science-Fiction, als den Carrell die Angelegenheit herunterzuspielen sucht – Internet wird das Fernsehen ablösen: Auf europäischer Ebene wurden bereits Konvergenzkriterien festgelegt, die dereinst den teuersten Flachbildschirm wie eine handbetriebene Laterna Magica erscheinen lassen werden. Kein Wort dazu bei Carrell, klick.

Sollte es für ein glanzvolles Comeback im Ersten nicht reichen, hat der Produzent und Regisseur Rudi Carrell („7 Tage, 7 Köpfe“, „Herzblatt“) noch eine neue Comedy-Show, „Praxis Doktor Stratmann“, in sechs Folgen für Oktober im Lachsäckl. Komisch sein, bei Humorlosen wie Carrell ist das hart erkämpft.

Zeit also, dem 65-Jährigen endlich eine goldene Ehrennadel für seinen ungebremsten Willen und seine durch keine Einsicht getrübte Berufsüberzeugung auf die stolze Hühnerbrust zu heften. Tusch. Tätää. Palimpalam.