Neue Unruhe bei den Mannesmännern

Misstöne im Umfeld der Hauptversammlung: Aufsichtsräte wollen Vorstandschef nicht mitwählen. Kritik der Aktionäre

BERLIN taz ■ Sein letzter Auftritt war formgerecht, aber nicht mehr stilgemäß. Als Klaus Esser, auf der gestrigen Mannesmann-Hauptversammlung als Vorstandschef seinen Ausstand gab, war seine Zuhörerschaft gegenüber früheren Aktionärstreffen arg dezimiert.

Nicht mehr als 10.000 private Anteilseigner halten noch an Mannesmann-Papieren fest, die übrigen haben sie in Bares oder gegen Vodafone-Aktien umgetauscht. 99 Prozent der Anteile liegen nach der Übernahmeschlacht vom Frühjahr bei den Briten. Und deren Chef Chris Gent war nicht einmal persönlich erschienen. Wozu auch? Die Entscheidungen hatte der Großaktionär bereits im Vorfeld getroffen: Geschäftsbericht abnicken, Vorstand und Aufsichtsrat entlasten, den Verkauf der Industriesparte Atecs genehmigen.

Und so hatte denn auch die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, die eine Abstimmung über den Verkauf der britischen Mannesmann-Tochter Orange gefordert hatte, keine Chance. Vodafone halte sich nicht an die Absprachen, die bei der Übernahme getroffen worden seien, monierte DSW-Geschäftsführer Jörg Pluta deshalb ohne rechten Ansprechpartner. Statt sie an die Börse zu bringen, sei die Atecs-Gruppe nun an Bosch und Siemens verkauft worden, nun wolle man auch noch Arcor an die Börse bringen und mache so das Konzept integrierter Dienste für Festnetz und Mobilfunk kaputt.

Ebenso unzufrieden zeigten sich auch die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, die parallel zur Hauptversammlung erklärten, sie wollten den von Gent nominierten neuen Mannesmann-Vorstandschef Julian Horn-Smith nicht mitwählen. Sie seien davon ausgegangen, dass der bisherige Arbeitsdirektor bei den Mannesmann-Röhrenwerken, Werner Bock, zum Mannesmann-Arbeitsdirektor ernannt würde. Der aber soll, wie IG-Metall-Chef und Mannesmann-Aufsichtsrat Klaus Zwickel erklärte, bei Vodafone zu hören bekommen haben, diese Funktion sei „nicht mehr nötig“. Das sieht nun aber ganz so aus, als plane Gent Mannesmann nicht als eigenständige strategische Einheit, sondern lediglich als verlängerte Werkbank – schließlich ist nach der Zerlegung des Konzerns ohnehin nur jeder vierte der ursprünglich 130.000 Beschäftigten übrig.

In diesem Sinne richtete Esser seine Abschiedsrede nicht an seine „lieben Mitarbeiter“, sondern an die Aktionäre. Die seien „nach all den Stürmen schließlich die Gewinner“. BEATE WILLMS