Freie Tankstellen heben die Benzinpreise weiter an

Trotz leicht sinkender Rohölpreise und erstarkendem Euro werden die Benzinpreise weiter steigen. Freie Tankstellen können den Preiskrieg nicht länger durchhalten

BERLIN taz ■ Auch wenn sich der Euro leicht erholt und die Rohölpreise etwas nachgeben – an den deutschen Tankstellen wird sich das Benzin zunächst weiter verteuern. Mehrere freie Tankstellen wollen ihre Benzinpreise heute nach Informationen der taz um einige Pfennig heraufsetzen. Die großen Tankstellen werden nachziehen.

Damit werden sie die Autofahrern nicht weiter vermehrt zur Kasse bitten, wie den Mineralölfirmen und Tankstellengesellschaften momentan gerne unterstellt wird. Sie werden ihm nur etwas weniger Geld schenken. Denn der Konkurrenzkampf unter den Benzinverkäufern ist zur Zeit so hart, dass sie ihren Sprit derzeit mit Verlust absetzen. Erst ab einer Erhöhung von rund zehn Pfennig auf den gestrigen Preis, so die Einschätzung von Brancheninsidern, können die Konzerne und freien Tankstellen wieder mit Gewinn Benzin verkaufen.

Das Kartellamt ermittelt bereits in dieser Frage. Der Vorwurf der freien Tankstellen lautet: Die Mineralölkonzerne verkaufen das Benzin im Großhandel teurer an die mittelständischen Betriebe als an den Tanksäulen an den Autofahrer. Unabhängige Tankstellenfirmen wie zum Beispiel Jet verkaufen Benzin nur, stellen es aber nicht selbst her.

Die freien Tankstellen kalkulieren knapper und geben weniger Geld für Anzeigen oder Spots aus. Ihre Werbung bestand bislang darin, immer ein bis drei Pfennig billiger als die Großen zu sein – und nie zuerst den Preis zu erhöhen. Letzte Woche sind sie erstmals vorgeprescht, obwohl ihr Einkaufspreis um vier Pfennig sank.

„Unsere Leute stehen mit dem Rücken zur Wand“, sagt Stephan Zieger, Geschäftsführer des Bundesverbandes Freier Tankstellen (BFT). Viele freie Tankstellen kämen gerade auf ein, zwei Pfennig Einnahmen pro Liter. Man brauche zehn Pfennig, um gut über die Runden zu kommen. „Ab 2,05 Mark pro Liter Normalbenzin“, schätzt etwa Zieger, „ist der Tankstellenbesitzer auf der sicheren Seite.“ Derzeit liegt der Normalbenzinpreis im Umfeld der BFT-Geschäftsstelle in Bonn bei um die 1,93 Mark.

Konzerne wie Shell, Esso, Aral, BP und DEA kalkulieren mit 13 Pfennig Einnahmen, um knapp auf Gewinn zu kommen. Tatsächlich, erzählt Shell-Sprecher Rainer Winzenried, mache man seit zwei Monaten oft sogar Verlust mit dem reinen Tankgeschäft. Der Verkaufspreis habe abzüglich Steuern zeitweise bis zu vier Pfennig unter dem Einkaufspreis des Benzins in Rotterdam gelegen. Zur Zeit liege diese „Bruttomarge“ bei rund drei Pfennig über dem Einkaufspreis, also immer noch rund zehn Pfennig zu wenig.

Begonnen hatte dieser Preiskampf am 13. März mit einem Angebot von DEA, das seinen Kunden einen Rabatt von einem Pfennig pro Liter gewähren wollte, falls die in bar zahlten. Weil Shell, Aral und Co. mitmischen wollten, senkten sie den Preis unter den von DEA. DEA verstand den Rabatt aber auf den sonst gleichen Verkaufspreis und senkte weiter. Ein Spirale kam in Gang.

Den freien Tankstellen, die mitmachen mussten, geht nun die Puste aus. Was das Kartellamt prüft, ist nun, ob die Preissenkung bei den Großen einem Vernichtungsfeldzug gegen die Kleinen gleichkommt. Bis morgen haben die Konzerne nun Zeit, ihre Kalkulationen offen zu legen. Hauptfrage ist dabei, wie die Firmen rechnen dürfen. Denn auch wenn sie beim Spritverbrauch Miese machen, könnten sie argumentieren, dass das Shop-Geschäft an der Tankstelle Einnahmen bringt. Und das Dumping daher nicht wettbewerbswidrig ist.

Während hier der Preiskampf tobt, deutete gestern erstmals wieder ein Opec-Ölminister angesichts der „unnormalen Preiserhöhungen“ eine mögliche Fördererhöhung an. Der saudische Ölminister Ali al-Naimi gehört allerdings zu denen in der Opec, die lieber niedrigere Ölpreise sehen. MATTHIAS URBACH

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