Sparen fürs Alter ist angesagt

Riesters Konzept: Renten steigen geringer als Nettolöhne, deswegen sinkt langfristig das Rentenniveau im Vergleich zu den Arbeitseinkommen. Mittlere Generation zahlt viel ein, kriegt aber wenig raus. Rentengipfel mit Finanzminister Eichel tagt heute

aus BerlinTINA STADLMAYER

ARt=ARt-1x100-RVt-1-KVBt-1:100-RVt-2-KVBt-2xBLt-1:BLt-2. Alles klar? Die „modifizierte Nettoanpassungsformel“ sei „etwas kompliziert“, gab Ulrike Mascher, Staatsekretärin im Bundesarbeitsministerium, zu. Deshalb bitte sie die anwesenden JournalistInnen zu schreiben, „dass der geplante Ausgleichsfaktor fair und gerecht ist“.

Das ist etwas viel verlangt. Denn: Mit der geplanten Rentenreform wird das Niveau der Renten im Vergleich zu den Nettolöhnen deutlich sinken. Das heißt allerdings nicht, dass die Kaufkraft der Renten im Vergleich zu heute weniger wird. Aber im Verhältnis zu den gestiegenen Nettolöhnen haben die RentnerInnen künftig nicht mehr so viel in der Tasche.

Steuererleichterungen, etwa für Familien, führen nämlich nicht mehr automatisch zu höheren Renten. Noch happiger ist der so genannte Ausgleichsfaktor, der von Kritikern bereits „Strafabschlag“ genannt wird. Damit soll das Rentenniveau im Vergleich zu den Nettolöhnen bis zum Jahr 2050 schrittweise abgesenkt werden.

Die Höhe des Ausgleichsfaktors richtet sich nach der Zahl der Jahre, in denen eine private Altersversorgung aufgebaut werden kann – dabei spielt es keine Rolle, ob tatsächlich privat Geld angelegt wurde oder nicht. Langfristig, so Riester, „wird es nur mit Eigenvorsorge möglich sein, einen angemessenen Lebensstandard im Alter zu erreichen“. Seine Staatssekretärin Mascher geht davon aus: „Wer heute 45 Berufsjahre vor sich hat, wird vorsorgen.“ Etliche, die es nicht tun, werden im Alter auf die Sozialhilfe angewiesen sein sein – denn auch Riesters ursprüngliche Idee, eine soziale Grundsicherung ins Rentensystem einzuführen, ist inzwischen vom Tisch. Die Union nutzt die Chance, das Konzept des sozialdemokratischen Ministers als „unsozial“ anzuprangern. Das ist scheinheilig, denn auch die Rentenreform der Regierung Kohl hätte zu einem niedrigeren Rentenniveau geführt. CSU-Chef Stoiber holte das böse Wort „Rentenlüge“ aus seiner Mottenkiste. Riesters Pläne würden die unter 50-Jährigen massiv belasten. Sie müssten mehr zahlen – nach dem Riester-Konzept steigt der Beitrag von heute 19,3 auf 22 Prozent im Jahre 2030 –, bekämen aber nur „Minirenten“.

Richtig ist, dass die mittlere Generation die Hauptlast des geplanten Übergangs von der gesetzlichen Rente zum Rentenmix mit Privatvorsorge tragen wird.

Heute wollen sich der Arbeitsminister und sein Kollege vom Finanzressort, Hans Eichel, mit der Opposition über deren Vorschläge unterhalten. Die Union fordert mehr staatliche Zuschüsse und eine steuerliche Freistellung für die Eigenvorsorge.

Bislang will Riester Ledigen mit einem Einkommen unter 35.000 Mark im Jahr und Verheirateten mit einem Steuerbrutto unter 70.000 Mark bei der Eigenvorsorge unter die Arme greifen. Maximal soll die Zulage 400 Mark im Jahr betragen. Wie die taz aus dem Finanzministerium erfuhr, wird die Regierung möglicherweise auf die Opposition zugehen und noch etwas nachlegen.

Als förderungswürdig gelten Lebensversicherungen, Sparverträge, Renten- und Aktienfonds, die mit dem Renteneintritt auf der Basis einer Leibrente ausbezahlt werden und die garantieren, dass man zumindest das einbezahlte Geld wiederbekommt. Ulrike Mascher ist zuversichtlich, „dass Versicherungswirtschaft und Banken ganz schnell entsprechende Produkte auf den Markt bringen werden“.

Beim Thema „Besteuerung“ wird es heute wohl noch nicht zu einer Einigung zwischen Regierung und Opposition kommen. Zwar halten es alle für sinnvoll, die Privatvorsorge von der Steuer freizustellen. Das würde jedoch ein Loch in Milliardenhöhe in Hans Eichels Haushalt reißen. Deshalb will der Finanzminister nur dann eine Befreiung von der Steuer zusagen, wenn die Opposition bei der geplanten Steuerreform auf die Regierung zugeht. Die Vertreter der Union lehnen eine solche Verknüpfung bislang kategorisch ab.