Diepgen durchschreitet die Geisterbahn

Gegen alle Widerstände im Senat hält der Regierende Bürgermeister am Ausbau der Kanzler-U-Bahn fest

Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) will am Bau der umstrittenen U-Bahn-Linie 5 festhalten. Die Fertigstellung der so genannten Kanzler-U-Bahn sei verkehrspolitisch unverzichtbar, sagte Diepgen gestern bei einem Besichtigungsrundgang im Rohbau des zukünfigen U-Bahnhofs „Reichstag“ in der Paul-Löbe-Allee.

Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) hatte dagegen vorgeschlagen, den Ausbau des noch fehlenden Abschnitts zwischen Alexanderplatz und Brandenburger Tor um zehn Jahre zu verschieben. Mit den eingesparten Geldern will Strieder die Sanierung des Olympiastadions sichern. Auch Finanzsenator Peter Kurth (CDU) käme ein Aufschub gelegen. Diepgen hält beide Großprojekte für umsetzbar.

Einen Verzicht auf die Fertigstellung des U-Bahn-Projekts bezeichnete Diepgen als „Irrsinn“. Stattdessen müsse man „eben mal eine Straßenbahn weniger bauen“. Wenn die Kanzlerlinie nicht zusammen mit dem Lehrter Zentralbahnhof im Jahr 2006 fertig gestellt werde, sei die Anbindung des Bahnhofs an den öffentlichen Nahverkehr nicht ausreichend gewährleistet. Nach aktuellen Berechnungen werden rund 130.000 Fahrgäste den neuen Abschnitt nutzen.

Bei einem Baustopp der U 5 wären die bisher investierten 450 Millionen Mark vorläufig in den Sand gesetzt, warnte Diepgen. Zudem müsse man in diesem Fall mit hohen Folgekosten für Wartungsmaßnahmen der bereits fertig gestellten Strecke vom Pariser Platz bis zum zukünftigen Zentralbahnhof Lehrter Straße rechnen. Der Ausbau des fehlenden Stücks kostet das Land Berlin 96 Millionen Mark. Der Rest soll aus anderen Quellen bezahlt werden. Insgesamt betragen die Baukosten 721 Millionen Mark. Eine Erhöhung der Nettoneuverschuldung des Landes will Diepgen vermeiden. Es müsse mehr Landesvermögen verkauft werden.

Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Klaus Wowereit, verlangte gestern definitiv eine Verschiebung des Projekts. PDS-Fraktionschef Harald Wolf nannte Diepgen einen „finanzpolitischen Geisterfahrer“.

ANDREAS SPANNBAUER