katholik und pfeffersack von JOACHIM FRISCH
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Neulich war Katholikentag in Hamburg. Der Hamburger ist ja Protestant oder Pfeffersack oder beides, mit dem Katholik hat er nichts am Hut. Der Katholik dachte wohl, wenn er den Katholikentag in Hamburg feiert, lernt der Hamburger resp. Protestant oder Pfeffersack ihn besser kennen und verstehen. Nun kennt der Hamburger den Katholik. Verstehen kann er ihn allerdings nicht.

Jedenfalls weiß der Hamburger jetzt, dass der Katholik etwas kleiner ist als der Protestant, der Heide und der Pfeffersack, dass er stets in Horden und Herden unterwegs ist, dass er einen schlaffen Sack mit Ruck auf dem Rücken, ein rot-grün kariertes Holzfällerhemd, ein geknotetes Halstuch, Sandalen ohne Socken, wirres Haar und ein leicht verzücktes Lächeln im Gesicht trägt. So sieht er also aus, der Katholik, was die Vermutung nahe legt, er werde seit 1973 an einem geheimen Ort verwahrt und nur einmal im Jahr für einen Tag rausgelassen. Dieser Tag heißt Katholikentag. Immerhin dauert er rund hundert Stunden.

Nicht nur seine Zeitrechnung mutet seltsam an am Katholik. Will der Katholik U- oder S-Bahn fahren, so steigt er stets in den ersten Wagen ein, auch wenn dieser überfüllt ist und die anderen Wagen leer sind, weil er glaubt, er könne dann durch die S-Bahn wandern wie durch einen D-Zug.

Glaube ist denn auch das, was den Katholik als solchen definiert und mit Seinesgleichen verbindet. Während der Heide an gar keinen Gott glaubt, glaubt der Katholik nur an den einen, lieben Gott. Das hat er mit dem Protestanten und auch dem Muselmanen gemein, gewiss, doch der Katholik glaubt so, wie es ihm das Oberhaupt seiner Kirche, der Papst, sagt. Das jedenfalls glaubte der Protestant über den Katholik, bis zum Katholikentag. Da führte sich der Katholik auf, als wolle er seine eigene Gattung schnurstracks aus der Welt schaffen. Katholische Priester stellten sich mit ihren Frauen vor, dem Zölibat zu trotzen, das doch den Priester erst richtig katholisch macht und vom protestantischen Pastor mit Frau und vier Gören abhebt. Schwule und lesbische Katholiken bildeten Arbeitsgruppen, machten sich wichtig und das Oberhaupt ihrer Kirche lächerlich.

Überhaupt benahm sich der Katholik so, als gelte es, einen Wettbewerb in antikatholischen Umtrieben zu gewinnen. Am liebsten würde er den Papst abschaffen, fanden Meinungsforscher heraus. Nur noch jeder fünfundzwanzigste Katholik hält Empfängnisverhütung für eine Sünde, nur noch jeder zehnte möchte Frauen vom Priesteramt fernhalten. In drei Jahren will er in Berlin seinen tagelangen Katholikentag mit dem Protestant zusammen feiern, einen protestantischen Katholikentag sozusagen.

Merkt er denn nicht, dass er den Ast absägt, aus dem sein Kreuz geschnitzt ist, der Katholik?, fragte sich der Hamburger Protestant und Pfeffersack, den Katholik eher amüsiert als beunruhigt betrachtend. Jetzt ist der Katholik aus Hamburg und für ein Jahr aus der Welt verschwunden, der Hamburger Prosack geht wieder ungestört seinen Geschäften nach. So ein Konto füllt sich schließlich nicht ganz von allein.