Wer mordet, soll nicht regieren

Das jüngste Attentat der ETA im Baskenland führt zum Bruch zwischen radikalen und gemäßigten Nationalisten. Letztere wenden sich nun den spanischen Sozialisten zu

MADRID taz ■ Mit Aussitzen ist es nicht länger getan. Seit dem ETA-Attentat vom vergangenen Sonntag beginnt die im Baskenland regierende Baskisch-Nationalistische Partei (PNV), mit dem Umfeld der bewaffneten Separatisten zu brechen. Am späten Dienstagabend verkündete die Bürgermeisterin von Durango, der Kleinstadt, in der der am Sonntag ermordete Kommunalpolitiker Jesús María Pedrosa politisch aktiv war, das Ende der kommunalen Koalition zwischen PNV und dem ETA-nahen Wahlbündnis Euskal Herritarrok (EH).

Im baskischen Autonomieparlament hatte die PNV unter dem Druck der nicht-nationalistischen Parteien ihr Bündnis mit EH schon vor Monaten aufgekündigt. Aber auf anderen Ebenen, zum Beispiel in 15 Gemeindeparlamenten, ging die Zusammenarbeit mit den radikalen Nationalisten weiter. „Ein Unding, dass demokratische Strukturen mit den Stimmen von Terroristen zustande gekommen sind“, beschwerten sich die nicht-nationalistischen Parteien im Baskenland darüber immer wieder. Eine Einschätzung, die sich auch in Straßburg durchgesetzt hat: Die stellvertretende Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), die Schwedin Margaretta Af Ugglas, drohte der PNV offen mit einem Ausschluss aus der christdemokratischen Fraktion des Europaparlaments. „Wir können nicht akzeptieren, dass es in einem demokratischen Europa politische Parteien gibt, die mit Formationen zusammenarbeiten, die als Sprachrohr und politischer Arm von Terroristen auftreten“, erklärte sie.

Auch an der PNV-Basis meldeten sich die Kritiker am nationalistischen Block immer lauter zu Wort. Nach dem Mord an Pedrosa kippte jetzt auch die Mehrheit im Parteivorstand zu ihren Gunsten. Während Parteisprecher Joseba Egibar um eine Frist bis Sommer bittet, um die ETA zu einem erneuten Waffenstillstand zu bewegen, verlangte vor allem der PNV-Verband in der größten baskischen Provinz Vizcaya den endgültigen Bruch mit EH.

Die Kritiker der bisherigen Linie wollen nun retten, was noch zu retten ist und einen neuen Regierungspartner finden, um Neuwahlen zu verhindern. Dem PNV-Vorstand steckt der Schreck der letzten spanischen Parlamentswahlen in den Knochen, als im Baskenland die spanischen Konservativen zum ersten Mal mit den Nationalisten gleichzogen. Nun macht das Schlagwort „Drei-Parteien-Koalition“ wieder die Runde: Wie in den acht Jahren vor dem Waffenstillstand sollen die Sozialisten die Mehrheit im Autonomieparlament beschaffen. Ihr Sprecher Rodolfo Ares zog gestern für den Fall eines vollständigen Bruchs der PNV mit EH Verhandlungen über eine Regierungskoalition in Erwägung. REINER WANDLER