Nur wer ehrlich ist, zahlt

EU-Kommission will Mehrwertsteuer auf E-Commerce. Nur mit den Sanktionen hapert’s

BRÜSSEL taz ■ Wenn der amerikanische Bestseller-Autor Stephen King seine nächste Gruselstory übers Internet an europäische Leser verkauft, wird sein Verlag den moderaten Download-Preis von fünf Mark nicht mehr halten können. Denn in Zukunft sollen Internet-Waren von Firmen außerhalb der EU ab 100.000 Euro Umsatz mehrwertsteuerpflichtig sein. Für Firmen innerhalb der EU gilt die Steuerpflicht von der ersten Mark an. Darauf hat sich die EU-Kommission gestern verständigt.

Mit der neuen Richtlinie will die Kommission Steuerschlupflöcher bei denjenigen Waren schließen, die direkt aus dem Internet bezogen werden können, wie Software, Informationen oder Musik. Im Privatkundengeschäft soll die Steuer in dem Land anfallen, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat. Nicht-EU-Firmen können wählen – und werden sicherlich alle ins Steuerparadies Luxemburg strömen, wo die Mehrwertsteuer mit 15 Prozent am niedrigsten ist. Daneben kämen höchstens noch Deutschland und Spanien mit 16 Prozent in Frage.

Falls sie sich überhaupt anmelden. Denn auf die Frage, wie zum Beispiel Kings Verlag dazu gebracht werden soll, eine europäische Filiale zu gründen und Mehrwertsteuer zu erheben, hatte der Experte aus Frits Bolkesteins Binnenmarktabteilung eine wenig überzeugende Antwort parat: Das sei wie beim Urheberrecht – manche seien ehrlich, andere nicht. Über mögliche Sanktionen müssten die Mitgliedsstaaten ohnehin im Rahmen der OECD verhandeln.

Bei Geschäften zwischen Unternehmen soll der Käufer die Steuer zukünftig in seinem Heimatland abführen. Der Anbieter muss also wissen, ob sein Kunde Privatmann oder ein anderes Unternehmen ist. Um diese Unterscheidung zu erleichtern, will die EU-Kommission den Unternehmen der E-Commerce-Branche im Internet eine Liste zur Verfügung stellen, auf der alle mehrwertsteuerpflichtigen europäischen Unternehmen aufgeführt sind. Doch auch hier bleibt die Frage, welche Sanktionsmöglichkeiten die EU hat, um ihre Forderungen durchzusetzen.

Die möglichen finanziellen Folgen der neuen Richtlinie für Privatleute schätzen Experten ohnehin gering ein. Derzeit, so zeigen Statistiken, macht das Privatkundengeschäft nur 20 Prozent des weltweiten E-Commerce-Umsatzes aus. Bis 2003 soll der Anteil auf weniger als 9 Prozent zurückgehen.

DANIELA WEINGÄRTNER