Schlauch holt sich das Vertrauen

Die grüne Fraktion bestätigt mehrheitlich den autofreundlichen Auftritt ihres Chefs, doch der dahinter liegende inhaltliche Konflikt bleibt bestehen: Wie grün sind die Grünen? Die Fraktion verabschiedete am Dienstag bloß ein Kompromisspapier

aus Berlin MATTHIAS URBACH

Bei dieser Debatte der grünen Bundestagsfraktion wollte auch Joschka Fischer nicht fehlen. Kurz vor seiner Nahostreise sprang der grüne Außenminister am Dienstagabend Fraktionschef Rezzo Schlauch bei. Gleich in zwei Beiträgen zog Fischer über Reinhard Loske, den Umweltsprecher, her, seine Äußerungen seien – in Anspielung an den dogmatischen Kardinal – „Ratzinger pur“ gewesen, es gebe schon zu viele Grüne, die sich als Gralshüter des Glaubens verstünden.

Harte Worte, immerhin ist der Realo Loske ökologischen Fundamentalismus eigentlich unverdächtig. Anlass für den heftigen Einsatz war die innergrüne Autodebatte, die Rezzo Schlauch mit seinen Bemerkungen vor einer Woche ausgelöst hatte. Bei der Vorstellung eines Papiers, in der ein Fahrzeug mit Wasserstoff-Antrieb als das Auto der Zukunft angepriesen wird, hatte Schlauch gesagt, das „Auto sei auch ein Mittel der Emanzipation und ein Instrument der Freiheit“. Reinhard Loske hatte seinem Fraktionschef darauf vorgeworfen, so „redet heute nicht einmal mehr der ADAC“, Schlauch habe sich in „fast abstoßender“ Weise an den „vermeintlichen Zeitgeist angebiedert“. Für diese Polemik tadelte den Umweltpolitiker auch die Parlamentarische Geschäftsführerin Kristin Heyne. Loske entschuldigte sich für seinen Ton, wollte aber inhaltlich nicht zurückstecken. Man dürfe mit dem Verweis auf „ein umweltfreundliches Auto von übermorgen“ nicht „die Probleme von heute verkennen“.

Doch Loske fand vor allem unter Realos gestern nicht viel Gehör. Denn dort waren Loskes Worte als ein Angriff auf Schlauchs Position als Fraktionschef gewertet worden. Der ist nämlich nicht unumstritten und muss sich im Herbst wieder zur Wahl stehen. Vielleicht wolle Loske ihn beerben, wurde verbreitet. Doch Loske weist solche Ambitionen von sich.

Inhaltlich vertagte man das Problem gestern auf die klassische diplomatische Art. Loske hatte ein neues Papier zu dem Thema entworfen, das er dann mit Schlauch abstimmte und das so allgemein formuliert ist, dass ihm alle zustimmen konnten. Eine Arbeitsgruppe aller Beteiligten soll nun die weitere Autopolitik vorbereiten. Doch niemand erhofft sich viel davon.

So bleibt der eigentliche Konflikt bestehen: Schlauch und Fischer wollen die Partei stromlinienförmig machen, lautet der Vorwurf der Umweltpolitiker. Sie empfänden ökologische Bedenken als imageschädigenden Ballast. Abgeordnete wie Loske oder Winfried Hermann halten dagegen den Umweltschutz für eine Kernkompetenz, die man nicht aufgeben dürfe. Dass eine Verteufelung des Autos kontraproduktiv ist, darüber sind sich alle einig. Offen bleibt die Frage, wann Imagepflege in plumpen Opportunismus umschlägt.