Grüne Beer verletzt

Attentat gegen verteidigungspolitische Sprecherin Angelika Beer. Leichte Verletzungen durch Messerstiche am rechten Arm

BERLIN taz ■ Kameramänner rempelten, fielen hin und fluchten. Angelika Beer aber blieb stumm, als sie, bedrängt von den Medienvertretern, gestern von drei Leibwächtern aus dem Gebäude des Bundespresseamtes in einen Wagen geleitet wurde. Der Auflauf, der ein wenig an die Bilder des bedrängten Helmut Kohl erinnerte, hatte einen makabren Anlass: Die grüne Verteidigungsexpertin war am Dienstagabend in Berliner Bezirk Prenzlauer Berg von einem Unbekannten mit zwei Stichen in den rechten Arm leicht verletzt worden. Unklar blieb bis Redaktionsschluß, ob die Personenschützer, die Beer seit vier Wochen umgeben, überrumpelt wurden oder auf eigenen Wunsch Beers abwesend waren.

Gegen die 43-jährige Abgeordnete aus Schleswig-Holstein wird seit über einem Jahr eine regelrechte Hetzkampagne durch Unbekannte geführt, seitdem sie den Einsatz der Bundeswehr im Kosovo mittrug. Wo sie in den letzten Monaten auftrat, war die autonome Szene anwesend. Wüste Beschimpfungen musste Beer über sich ergehen lassen, auf einem Bahnsteig wurde sie beschimpft und bespuckt.

Der Hass, den Angelika Beer auf sich zieht, erinnert an den Hass der Enttäuschten, die eine Galionsfigur verloren haben. Ihre Abkehr vom grundsätzlich pazifistischen Kurs (noch 1993 hatte sie auf einem Sonderparteitag die Abschaffung der Bundeswehr gefordert), der von den Erfahrungen der Vertreibungen im früheren Jugoslawien genährt wurde, treibt manche zur Raserei.

Seit Monaten steigerten sich die Angriffe. Anfang Februar erhielt sie einen Brief, in dem es hieß: „Zuerst hängt deine Katze und dann du.“ Auf ihr Auto wurden Sprüche wie „Krieg“, „War“ und „Sau“ gesprüht. Am 3. Mai musste sie eine Fahrt in ihrem eigenen Wagen unterbrechen, nachdem eine Krampe einen Platten verursacht hatte. Kurz zuvor hatte Beer einen Zettel in ihrem Auto gefunden. Aufschrift: „Gute Fahrt“.

Wer für das jüngste Attentat auf ihre Person verantwortlich ist, ist unklar. Das Bundeskriminalamt ermittelt. Vieles ist möglich. Nicht nur Links-, sondern auch Rechtsextremisten gilt Angelika Beer als Feind. Wiederholt hat sie in ihrem Wahlkreis in Neumünster gegen Neonazis mobil gemacht – zuletzt mit einem Aufruf zu einer Gegendemonstration am 1. Mai.

SEVERIN WEILAND