Arbeiten, arbeiten, arbeiten

■ Das Waldau Theater, erstes Retortenbaby aus den Werkstätten der kmb, will mit einer Rosskur schon in der nächsten Spielzeit schwarze Zahlen in die Bilanz schreiben

Wenn Michael Derda über das Theater redet, zieht er gern Parallelen zum Fußballgeschäft. Womöglich wird der fußballbegeisterte Intendant des Waldau Theaters das Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft bei den anstehenden Europameisterschaften daher mit besonderem Interesse verfolgen. Denn ebenso wie die deutschen Elitekicker musste Derdas Haus in der Vergangenheit herbe Kritik einstecken. Und, auch das eine Parallele zu Matthäus & Co, ob die kommenden Monate Anlass zu emotionalen Höhenflügen geben oder der Anfang einer Waller Tragödie sein werden, ist momentan noch offen.

Die gute Nachricht zu Beginn: Zuversicht ist zurückgekehrt an eben jenen Ort, dem noch Im Januar wegen Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens drohte. Der in den Wochen danach drohende Zwangsverkauf der Spielstätte an die Stadt konnte abgewendet und mit Axel Schroeder ein neuer, sehr findiger Geschäftsführer an Derdas Seite installiert werden. Und schon, als sei alles nur ein böser Spuk gewesen, verkündete Derda auf einer Pressekonferenz vollmundig, nie wieder werde sein Haus in eine solche Situation geraten, man werde absolut keine Schulden mehr machen und die Finanzplanungen zukünftig minutiös einhalten: „Herr Schroeder hat hier aufgeräumt!“ Der zum Wunderheiler erhöhte Schroeder hingegen klingt da nüchterner: Ein weiteres negatives Jahresergebnis wird die Stadt von uns nie mehr akzeptieren.“

Um solche Ergebnisse erst gar nicht zu produzieren, hat Schroeder bei seinen Aufräumarbeiten kaum einen Bereich im Theater unberührt gelassen. Die Eintrittspreise werden spürbar um 10 Prozent angehoben. Bis zum Ende der kommenden Spielzeit wird das Personal um fast ein Viertel auf dann 30 Personen schrumpfen. Bühnenbilder werden zukünftig aus Kostengründen nicht mehr im Haus gemacht, sondern extern eingekauft. Die von den Kürzungen am stärksten betroffenen WerkstattmitarbeiterInnen werden nach dem Motto „Alle machen alles“ die anfallende Arbeit neu verteilen.

Dass dabei jemand zu kurz kommt, ist kaum anzunehmen: Die Anzahl der Aufführungen und damit das Arbeitsvolumen wird in der nächsten Spielzeit um 30 Prozent drastisch erhöht. All das, damit 20.000 ZuschauerInnen mehr als zuletzt den Weg nach Walle finden: 120.000 BesucherInnen oder eine Auslastung von 65 Prozent sind nach Schroeders Angaben Pflicht, wenn das Waldau Theater rote Zahlen vermeiden will. All diese Maßnahmen orientieren sich an den Vorgaben jener Betriebsuntersuchung, die die städtische Controllingfirma kmb kürzlich über das Waldau Theater erstellt hat.

Gleichzeitig hat die Belegschaft mit einer Ausnahme auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichtet. Dem Intendanten Derda sind die Bezüge kräftig gekürzt worden, viele Gläubiger konnten zu Vergleichen bewegt werden. Dass ihm die Schulden ausgehen, muss Schroeder vorerst dennoch nicht befürchten. Eine „relativ große Summe“ belaste sein Haus auch weiterhin. Aber sowohl die Löhne als auch die Rechnungen können nun bezahlt werden.

Viel mehr spielen bei viel weniger Personal – um das auf dieser potenziell halsbrecherischen Formel basierende Waller Wunder zum finalen Happy End zu führen, muss der Spielplan 2000/2001 die Massen überzeugen. Geplant sind sieben Premieren in den Sparten Boulevard und Niederdeutsch und zwei weitere im Bereich Märchen. Neben Komödienklassikern wie „Charleys Tante“ und „Harold und Maude“ werden etwa der Agatha-Christie-Krimi „De Muusfall“ oder die Jens-Exler-Komödie „Sluderkraam in't Treppenhuus“ zu sehen sein.

Außerdem feiert am 2. September die „Rocky Horror Show“ Premiere, die das Waldau Theater in Ko-Produktion mit einer Bremerhavener Firma produzieren und über 50-mal spielen will. Zudem stehen Gastspiele der Travestiegruppe „Chez Nous“ und der Bremer Musical Company auf dem Programm. zott

Infos und Karten unter Tel.: 386 17 55