Bündnis setzt Bahn in die Spur

Sozialpartnerschaft statt Arbeitskampf: Damit 30.000 Bahnbedienstete frühpensioniert statt entlassen werden können, wollen alle zahlen, Bund, Bahn und die Beschäftigten

BERLIN taz ■ Vorstand und Gewerkschaft der Bahn haben sich geeinigt: Vorerst gibt es keine betriebsbedingten Entlassungen – das ist das Zugeständnis an die Gewerkschaft. Dafür ist auch das Thema Warnstreiks zunächst vom Tisch – zur Erleichterung des Bahnvorstands. „Wir glauben, dass wir die Kuh vom Eis haben“, sagte Bahnchef Hartmut Mehdorn nach fünf Stunden Verhandlungen am Mittwochabend.

Der Kompromiss hört auf den Namen „Bündnis für Zukunftssicherung“ und schreibt fest, dass die Bahn bis 2004 lediglich „sozialverträglich“ abbaut: Frei werdende Stellen werden nicht mehr besetzt, Frühpensionierungen unterstützt. Damit sollen mehr als 30.000 Stellen und damit eine Milliarde Mark eingespart werden. Zusätzlich will Mehdorn die jährlich mehr als sechs Millionen Überstunden abbauen, Teilzeitarbeit forcieren und die Arbeitnehmer durch „Besserungsscheine“ am Unternehmenserfolg beteiligen – wenn sich dieser einstellt.

Herzstück des Bündnisses ist ein Sozialfonds, in den Bahn, Arbeitnehmer und Bund einzahlen. Daraus sollen Bahnangestellten Zulagen erhalten, die durch den Wechsel vom Staatsunternehmen zur Privatbahn Lohneinbußen hatten. Diese Zulagen waren einer der Knackpunkte im Vorfeld: Sie kosten die Bahn laut Mehdorn rund 800 Millionen Mark jährlich. Es sei gut, dass der Bund sich jetzt an diesen Kosten beteilige, schließlich habe er Verpflichtung aus früheren Zeiten, stärken Gewerkschaftsvertreter und auch der verkehrspolitische Sprecher der Grünen und Bahnaufsichtsratsmitglied Albert Schmidt dem Bahnchef den Rücken.

Wie groß der Fonds zunächst sein wird, ist noch nicht bekannt, Mehdorn sprach jedoch von einem „Milliardenbetrag“. Auch wie viel jede der drei Parteien einzahlen soll, ist offen. Der Anteil der Bahn soll zum Teil aus Rückstellungen aus der Bahnreform bestritten werden. Die Angestellten haben mehrere Möglichkeiten, ihren Beitrag zu leisten: über nur bescheidene Lohnforderungen oder indem sie Arbeitszeitverkürzungen ohne Lohnausgleich hinnehmen.

Was den Bundeszuschuss betrifft, so hofft Mehdorn anscheinend auf Gelder aus dem Verkauf der Mobilfunklizenzen. Im Finanzminsterium wollte man sich aber auf nichts festnageln lassen: „Nur der Betrag, den der Bund wegen der wegfallenden Zinszahlungen spart, soll investiert werden – womöglich auch in die Bahn“, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Schmidt widersprach dem: „Diese Mittel sollen in die Instandhaltung der Schienen fließen, das ist sinnvoller.“ Aber die rund 300 Millionen Mark monatlich, die als Beitrag des Bunds erwartet würden, „dürften kein Problem sein“. Weitere Zuschüsse vom Bund erhofft sich die Bahn auf der Grundlage des Arbeitsförderungsgesetzes. Fest steht bislang nur die Zusage von Verkehrsminister Reinhard Klimmt, sich mit 200 Millionen Mark an den Kosten für die Frühpensionierung der Bahnangestellten zu beteiligen. Dieses Geld soll nach bahninternen Angaben über die ab 2003 geltende Schwerverkehrsabgabe in die Kasse kommen.

Bis zum 31. August wollen die Bündnispartner eine konkrete Vereinbarung über die Errichtung des Fonds unterzeichnen.

KATHARINA KOUFEN

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