Auslandseinsätze umstritten

Die Grünen und die Auslandseinsätze der Bundeswehr: Die Partei will dafür eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag. Der Fraktion reicht die einfache. Radcke sieht Zündstoff für Parteitag

von SEVERIN WEILAND

Der Abgeordnete Winfried Hermann ist „verärgert und entsetzt“, seine Kollegin Annelie Buntenbach zeigt sich „enttäuscht“. Der Anfang der Woche von einer Mehrheit der Fraktion gefasste Beschluss, künftige Auslandseinsätze der Bundeswehr bedürften lediglich einer einfachen Mehrheit, sorgt für Verstimmung. Buntenbach und Hermann gehören zu jenen 8 Abgeordneten, die für eine Zweidrittelmehrheit gestimmt hatten – so wie es der Länderrat erst Ende Mai in Berlin beschlossen hatte. Doch 18 Abgeordnete der Fraktion votierten für eine einfache Mehrheit. Angelika Beer hatte am Mittwoch öffentlich die Gründe der Fraktion erläutert: Man befürchte, durch eine Zweidrittelmehrheit an die Union gebunden zu werden. Hintergrund war die in den letzten Tagen geäußerte Drohung der CDU/CSU, einer Verlängerung des KFOR-Mandats nicht zuzustimmen (siehe Kasten).

Für den Abgeordneten Winfried Nachtweih ist die Entscheidung seiner Fraktion „aktuell verständlich, langfristig aber unglücklich“. Er verweist auf die bisherigen Rechtslage, wonach für die Feststellung des Verteidigungsfalles eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag notwendig ist. Dass die Hürde bei einer Eingreiftruppe niedriger gehängt werde, sei also unverständlich. Dass der Vorschlag für eine Änderung von einem grünen Mitglied im Auswärtigen Ausschuss kam, wird von manchen Abgeordneten als Indiz dafür gewertet, dass die grüne Spitze des Auswärtigen Amtes ihren Einfluss geltend machte. Die Debatte in der Fraktion wurde von Teilnehmern allgemein als „engagiert“ beschrieben. Am Ende wurde auf Drängen von Claudia Roth, Verfechterin einer Zweidrittelhürde, die umstrittene Änderung, die zuvor einen Arbeitskreis der Fraktion passiert hatte, nochmals zur Abstimmung gestellt.

Für Zündstoff scheint nach dem Kurswechsel der Fraktion vom Dienstagabend gesorgt. In zwei Wochen wird der Beschluss des Länderrats auf dem Parteitag in Münster erneut debattiert. Parteisprecherin Antje Radcke hält die Kehrtwendung der Fraktionsmehrheit für einen „politischen Fehler“. Die Zweidrittelhürde sei eine „deutliche höhere parlamentarische Kontrollinstanz“. Auf dem Parteitag erwartet sie nun eine „intensive Debatte“ – mit der Aussicht, dass der gemäßigte Entwurf des Länderrats sogar noch verschärft wird.