Für Menschenohren lautlose Nachtflüge

■ Auf der Suche nach Feldermäusen: Mit Detektoren ziehen die Freunde der Nachtfalter los, um ihre Rufe aufzuzeichen, die für Menschenohren viel zu hoch sind

Schweigend und mit konzentriertem Blick auf die kleinen schwarzen Geräte in ihren Händen läuft die 6-köpfige Gruppe in der Abenddämmerung an der Ochtum entlang. Niemand anderes ist mehr um diese Zeit in der Nähe des Flusses unterwegs. Doch mit einem Mal wird die Stille durchbrochen. Aus den Detektoren, die Ultraschalllaute in für Menschen wahrnehmbare Frequenzen umwandeln, dringen eigentümlich wie Wasser tropfende Töne. „Ein Abendsegler!“, ruft jemand aus der Gruppe und sechs Augenpaare richten sich unvermittelt gen Himmel. Zu sehen ist dort allerdings nichts. Und bald darauf verebben auch wieder die seltsamen Töne.

Die Suche nach Fledermäusen erfordert Geduld. Aber nicht nur das. Es darf vor allem nicht zu kalt sein, denn dann fliegen keine Insekten. Und auch keine Fledermäusen, die Mücken jagen. Für Juni ist der Abend in der Tat etwas frostig. Ob das heute noch was wird? Unverdrossen läuft die Fledermausgruppe des Bremer Naturschutzbundes (Nabu) weiter. Der Biologe Lothar Bach lässt seinen Blick über die Flussniederungen schweifen. „Guckt mal!“, ruft plötzlich einer und zeigt in Richtung Horizont. Doch die Hoffnung erfüllt sich nicht: Es ist nur eine Eule. Die Suche bleibt erfolglos.

„Eindeutig zu kalt“, lautet nach gut einer Stunde das Fazit der sechs FledermaussucherInnen. Die Fans der Nachtflieger vertrösten sich auf das nächste Treffen.

Einmal pro Monat geht die Fledermausgruppe in den Sommermonaten hinaus, um den fliegenden Säugetieren auf die Spur zu kommen. „Wir wollen wissen, wo die Tiere ihre Quartiere haben und welche Arten es hier in Bremen gibt“, erklärt Lothar Bach. In Deutschland gibt es insgesamt 21 Fledermausarten, die überwiegend in waldreichen Gebieten leben, denn die meisten Fledermäuse wohnen am liebsten in Baumhöhlen. Das norddeutsche Flachland ist somit nicht gerade das ideale Suchrevier. Aber immerhin: Neun Arten sind auch in Bremen nachgewiesen. Auf die Wasserfledermaus, die Zwergfledermaus, die Breitflügelfledermaus und den Abendsegler trifft die Nabu-Truppe mit schöner Regelmäßigkeit.

Um die einzelnen Arten auf Anhieb erkennen zu können, bedarf es trotzdem einiger Übung. „Die Regelmäßigkeit macht's“, meint Lothar Bach. „Hardliner“ wie er sind im Sommer deshalb häufig nächtelang unterwegs, um den verschiedenen Fledermäusen nachzuschnüffeln. Dabei ist der Detektor ein unabdingbares technisches Hilfsmittel, um die artspezifischen Ultraschalllaute hören und auswerten zu können. „Wer ein musikalisches Gehör hat, dem fällt es recht leicht, die unterschiedlichen Rhythmen zu erkennen“, meint der Biologe.

Die Fledermäuse stoßen Ultraschalllaute aus, um sich anhand des zurückkommenden Echos zu orientieren – so laut, dass sie bis zu 120 Dezibel stark sind, dem Geräuschpegel eines Presslufthammers. Für Menschen ist der Krawall allerdings unhörbar, da die Fledermauslaute auf einer für Menschenohren zu hohen Kiloherz-Frequenz liegen.

„Umgekehrt können Fledermäuse dafür problemlos unter einer Kirchturmglocke ihren Winterschlaf halten“, erklärt die Biologin Petra Burkhardt: Alles was wir als laut wahrnehmen, hören die nachtaktiven Flieger überhaupt nicht. Keinen Glockenschlag und keine Stimmen. Nur die hohen Töne. „Die liegen auf einer völlig anderen Frequenz als wir.“

Neben Kirchtürmen suchen sich Fledermäuse übrigens auch gerne gut isolierte Dächer als Unterschlupf. So manchen Hausbesitzer haben die Fledermausexperten schon auf die unauffälligen Mitbewohner aufmerksam gemacht – und nicht selten einen Schock bereitet. Aus Angst um ihr Dach. Doch die Flieger richten keinen Schaden an, beruhigen die Nabu-Experten: Sie hängen sich dort doch nur auf. „Absoluter Rekord in der Gegend ist ein Lilienthaler Flachdach mit einer Zwergfledermauskolonie von 150 Tieren“, berichtet Bach. Nachdem der Nabu den Hausbesitzer mit Mühe von der Einmaligkeit dieses Fundes überzeugt hatte, ist dieser inzwischen „stolz wie Oskar“.

Tanja Vogt