Grüße aus Gelsenkirchen

■ Kicker-Kollegen aus dem Pott reisen hunderte von Kilometern, um die Bremer Alternativfußball-Institution „Bunter Sturm“ zum 25. Geburtstag zu ehren

Sie sind die ersten Gratulanten: Ullrich Spiegelberg und Willi Meier sind am Pfingstsonnabend extra aus Gelsenkirchen angereist. Im Gepäck hatte die Delegation der alternativen Fußballmannschaft „Fortuna Unglück“ ein selbst gebasteltes Plakat. Dafür hatten sie vorausschauend eine von Bremens beliebtesten Plakatstellwänden angemietet – streng konspirativ, versteht sich. „Sagt denen bloß nix, is doch 'ne Überraschung!“ Ehrensache.

Dass es ausgerechnet der Stamm-Plakatplatz der Bremer Friedensinitiative am Rembertiring/Ecke Fedelhören wurde, ist Zufall. Oder hat da bei der Deutschen Städtereklame jemand mitgedacht? Wie auch immer, den Gäs ten aus Gelsenkirchen ist es eine Freude. Ein angemessener Platz, um den Freunden vom Team „Bunter Sturm“ zum Silberjubiläum zu gratulieren. Die, inzwischen auch mit silbernen Schläfen, feiern ihr Jubiläum eigentlich erst am kommenden Wochenende – natürlich mit einem kleinen Turnier.

Aber der genaue Geburtstag ist sowieso nicht mehr bekannt – 25 Jahre sind eben eine lange Zeit. War es '75 oder '76? Egal. Jedenfalls ist der Name noch nicht ganz so alt. Während der WM '78 traten die alternativen Kicker bei einem Turnier gegen die argentinische Junta im geliehenen Betriebssport-Dress in Gelb(Trikot)-Schwarz (Hose)-Gelb(Stutzen) an. In Mogadischu-Zeiten wurde daraus schnell der Name „G-S-G-11“. Aber dann musste der Dress zurückgegeben werden. „Aus politischen Gründen“, wie es damals hieß, wurde der Name geändert – in „Bunter Sturm“. Eigentlich hatte das mit den neuen, bunt geringelten Trikots zu tun. Sie existieren heute noch, werden aber nur noch zu hohen Festtagen herausgekramt – wegen akuter Zerfallsgefahr. Ebenso die rote Fahne mit der Sonne drauf, einst Sammlungszeichen bei gemeinsamen Brokdorf-Demos.

Heute sind es eher gesellige Aktivitäten mit Kind und Kegel, die die Kicker außerhalb des Platzes verbinden: Paddeltouren, Auslandsreisen mit dem einen oder anderen Freundschaftsspiel und natürlich die dritte Halbzeit im „Bandonion“. „Die fällt schon mal etwas ausgiebiger aus als die ersten beiden“, sagt Richard Weingarten. Beim Spielen müssen die angejahrten Kicker dagegen ihrer restriktiven Aufnahmepolitik Tribut zollen: In den letzten zehn Jahren wurde kaum ein neuer Spieler aufgenommen, der Altersschnitt im 30-köpfigen Kader liegt um die 50 Jahre. Und immer noch gilt das alte Prinzip, dass jeder zum Einsatz kommen soll.

Aufgrund dieser lockeren Einstellung kam es bei den deutschen Alternativmeisterschaften 1994 auch zur Freundschaft mit Fortuna Unglück, die sich im Untertitel „Meister der sportlichen Haltung“ nennen. Zuletzt haben sie sich mit der egalitären Aufstellungspolitik eine üble „Schruppe“ eingehandelt, wie man im Pott sagt: Mit 1:6 gingen sie gegen die Landtags-Grünen unter, trotz anfänglicher Führung. Zum Jubiläumsturnier werden die Mannen um Ullrich und Willi in Bremen dennoch unverdossen antreten. Dort treffen sie diesmal gleich auf zwei Teams von Bunter Sturm: Bunter Sturm-rot vereint die „historischen“ Mitglieder, die schon vor Gründung der Grünen dabei waren. Der „Nachwuchs“ heißt für ein Wochenende Bunter Sturm-grün. Auch dabei ist Bremens zweite Alternativfußball-Legende „Roter Stern“, die in diesem Jahr ebenfalls 25 wird. Da das Team sich wegen der Anforderungen in der Wilden Liga von Zeit zu Zeit verjüngt hat, darf es als Favorit gehandelt werden. not

Jubiläumsturnier am 17. Juni ab 11.30 Uhr auf den Plätzen am Kuhhirten/Sportschule Stadtwerder