vaalsbröckchen 3
: Und Geburtstagskind Erich sagt

Objektiv subjektiv

„Ich spiele für DEUTSCHLAND, weil ich es mit dieser Wahl in DEUTSCHLAND am leichtesten habe.“

(DEUTSCHLAND ist eine Freizeitmannschaft aus Stolberg bei Aachen)

Beim anderen Deutschland ist alles viel komplizierter. Etwa bei Erich, dem Teamchef. Der hatte gestern Geburtstag und durfte sich von Otto Schily beglückwünschen lassen, der am Montagabend beim Spiel in Lüttich war, von dort nach Berlin flog und am Morgen schon wieder zurück war, um dem Teamchef eine Kiste Rebensaft („Man glaubt ja nicht“, geografierte der Innenminister herum, „dass in Flandern Wein wächst“) zu schenken. Für sein Land, also für uns, hatte Schily andere Geschenke mitgebracht: Sein „Maßnahmenpaket“ an den Schlagbäumen habe 36 Ausreiseverbote gebracht und allein am Pfingstmontag 74 geschnappte Straftäter, die blöderweise in die Grenzkontrollen gedeppert sind. Deutschland ist bald kriminellenfrei. Fußball sei Dank.

Da wollte Erich Ribbeck nicht nachstehen und machte Fußball-Deutschland ein Erkenntnisgeschenk, das in der Tiefe des Raumes noch lange nachhallen wird. Er holte aus, um aus dem Rumänien-Spiel „eine vernünftige Analyse zu ziehen“. Und um das angebliche Gemurre der Reservisten vor allem über die Dauerpräsenz des „Reizpunktes Matthäus“ auszukontern. Nein, er wolle aus Spielerkreisen nicht „die Meinungen aus Kameraderie“ gelten lassen. Er erwarte Substanz, er wolle Argumente.

Und dann, gegen 12 Uhr 28 erreichte der so oft fahrlässig unterschätzte Mann mit seinen nunmehr 63 Jahren eine neue objektive Stufe der Weisheit, wie wir sie bislang im deutschen Fußball noch nicht gehört haben. Ribbeck erklärte sein Verständnis von Demokratie, Zuhören, Entscheiden: „Grundsätzlich werde ich versuchen zu erkennen, ob die subjektiv geäußerten Meinungen subjektiv oder objektiv sind; wenn sie subjektiv sind, werde ich weiter an meiner objektiven Linie festhalten; wenn sie objektiv sind, werde ich überlegen, ob ich vielleicht die objektiven subjektiv geäußerten Meinungen der Spieler in meine objektiven Überlegungen einfließen lasse.“

Puuuuuuuh!

Ja, so hat er es gesagt. Ohne sich zu verhaspeln. In einem Zug. Und wenn man es ein paar Mal liest, sich laut vorspricht, macht es sogar Sinn. Genau: So umständlich spielt auch seine Mannschaft, subjektiv betrachtet. Objektiv wahrscheinlich noch umständlicher. Umständehalber (objektives Ende der Kolumne) muss der Beitrag jetzt enden. Allerdings nicht ohne den Hinweis, dass der „Minister des Sports“ (DFB-Pressesprecher Niersbach) beim „Ausflug in die Welt des Sports“ (derselbe) bei Ribbecks Rucksatz mehrfach zustimmend gelächelt hat. Politik ist wahrscheinlich ähnlich. Oder genau so.

MÜLL