„Ich habe da Zweifel“

Wolfgang Bosbach (CDU) misstraut Innenminister Schily (SPD). Trotzdem herrscht schwarz-rote Einigkeit bei der Auswahl von Einwanderern: Kommen soll, wer nützlich ist

taz: Otto Schily tut, was die Union seit Monaten von ihm fordert: Er bereitet ein Gesamtkonzept für die Einwanderung vor. Ist die Opposition mit dem Bundesinnenminister zufrieden?

Wolfgang Bosbach: Das hängt von Otto Schily ab – und der Expertenkommission, die in seinem Auftrag Eckpunkte eines neuen Einwanderungsrechts vorlegen soll. Für die Union kommt eine Unterstützung der Kommission nicht in Frage, wenn der Minister sie nur als Aushängeschild für seine eigenen Vorschläge installiert.

Was fordern Sie?

Die Kommission muss parteiunabhängig mit Experten besetzt sein, sie muss ergebnisoffen arbeiten und drei klare Aufträge bearbeiten: Brauchen wir eine Reform der bestehenden Rechtslage zur Einwanderung? Wie können dabei die Interessen der Bundesrepublik berücksichtigt werden? Wie kann die Integration von Ausländern verstärkt werden?

Dann sind Sie sich ja mit Schily einig bis ins Komma.

Das sehe ich anders. Meine Partei und ich befürchten, dass Rot-Grün die Zuwanderung nicht steuern will, sondern erhöhen. Das ist mit der Union nicht zu machen – egal ob mit oder ohne Kommission.

Konkret regt Schily an, eine zentrale Einwanderungsbehörde zu schaffen.

Die Frage, ob ein Bundesamt für Einwanderung sinnvoll ist, kann doch erst am Ende der Diskussion beantwortet werden. Wir lehnen eine Einwanderungsbehörde so wenig ab wie ein Einwanderungsgesetz – solange sie dem richtigen Zweck dienen.

Das klingt, als wolle die Union dieselben Fehler machen wie bei der Green Card: erst zögern, dann hinhalten, schließlich einschwenken. Fehlt Ihnen der Mut, Ja zu sagen zum Einwanderungsland Bundesrepublik?

Man muss offen gestehen: Bei uns findet zurzeit eine interne Debatte statt, die in den vergangenen Jahrzehnten mit einem Tabu belegt war. Wir haben uns immer festgehalten an der Aussage, Deutschland ist kein Einwanderungsland. Das bringt die Union nicht weiter. Einwanderung ist ein Zukunftsthema. Dabei geht es uns nicht um Begrenzung um der Begrenzung willen – auch wenn wir fordern, den Asylmissbrauch zu bekämpfen.

Schily schlägt vor, Asylbewerber ohne Chancen auf Anerkennung sollten künftig ihren Antrag zurückziehen und dafür die Einwanderung beantragen können. Ist das ein Ausweg?

Ich habe das mit Interesse gehört. Voraussetzung für diese Lösung ist allerdings, dass die Betroffenen auch das von uns in Deutschland benötigte Anforderungsprofil erfüllen – und da habe ich Zweifel.

Hier gibt es offenbar eine große Koalition von Schily bis Stoiber: Wer nach Deutschland will, muss kommerziellen Nutzen bringen. Vom christlichen Menschenbild der Union ist da wenig zu spüren.

Den Vorwurf müssen Sie an Bundeskanzler Schröder richten. Seine Green-Card-Initiative misst Menschen alleine an ihrer Nützlichkeit für die Volkswirtschaft. Uns geht es nicht um Einwanderung aus wirtschaftlichen Gründen statt Einwanderung aus humanitären Gründen. Wir wollen beides im richtigen Verhältnis.

Otto Schily möchte angeblich an der Spitze seiner Kommission einen Unionspolitiker. Wer erscheint Ihnen geeignet?

Falls die Bedingungen für die Kommission stimmen, würde ich mich freuen, wenn Roman Herzog den Vorsitz übernimmt.

Interview: PATRIK SCHWARZ

Fotohinweis:Bosbach, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion