Schily beendet die Blockade der SPD

Die Grünen sind von den einwanderungspolitischen Plänen des Innenministers wenig begeistert, zu offensichtlich hat Schily sich die Ideen des Koalitionspartners einverleibt. Türkische Gemeinde fordert Mitarbeit von Betroffenen in der Kommission

von KARIN NINK

Bundesinnenminister Otto Schily will so schnell wie möglich eine Sachverständigenkommission einsetzen und bis Mitte nächsten Jahres Pläne für eine Zuwanderungsregelung auf dem Tisch haben. Bei dem Koalitionspartner, den Grünen, löst er mit seinen Vorschlägen allerdings nur gebremste Begeisterung aus.

Cem Özdemir, innenpolitischer Sprecher der Grünen, hält Schilys Vorschlag vor allem „für einen klugen Schachzug“. Damit, so Özdemir, habe der Minister die SPD, die sich durch ihre strukturkonservative Haltung zur Zuwanderungsfrage in die Defensive gebracht hätte, wieder in die Offensive gelenkt. Auch SPD-Politiker glauben, dass Schily mit seinen Vorschlägen vor allem die Einwanderungsdebatte kanalisieren und beherrschen will. In Partei und Fraktion wurde der Vorschlag des Bundesinnenministers noch nicht diskutiert. So hat der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz, von den Vorschlägen aus der Presse erfahren.

Nicht die SPD, sondern die Grünen und die FDP drängten bislang auf verbindliche Zuwanderungsregelungen. Von der SPD war bis zum Wochenende dagegen nur zu hören, dass es zu dem Thema keinen aktuellen Handlungsbedarf gebe.

Selbst als Bundeskanzler Gerhard Schröder mit seiner Green-Card-Initiative unfreiwillig eine Einwanderungsdiskussion anstieß, änderte die SPD ihre Haltung nicht. Auch Bundespräsident Johannes Rau konnte die Sprachlosigkeit in den Reihen der SPD nicht beenden, als er kürzlich forderte: „Wir müssen uns über die Bedingungen der Zuwanderung klar werden, und wir müssen sie verbindlich regeln.“

Özdemir warnte gestern: „Die Kommission darf nicht Vorwand dafür werden, dass die Politiker nichts mehr machen.“ Er fordert die zügige Einführung von Sprach- und Integrationsangeboten und die Aufhebung des Arbeitsverbots für Asylbewerber. Auch die Grünen-Ausländerbeauftragte Marieluise Beck hält Schilys Pläne nicht für sonderlich innovativ. Beck rechnet nicht damit, dass es noch in dieser Legislaturperiode zu einem Einwanderungsgesetz kommen wird. Doch hofft sie, dass mit Hilfe der Sachverständigenkommission, der Vertreter der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen und Experten angehören sollten, eine Systematisierung der Einwanderungsgesetzgebung erreicht werden kann.

Über die Besetzung der Kommission war auch gestern noch nichts zu erfahren. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) jedenfalls weiß nichts davon, dass ihr Präsident Jürgen Schmude dem Gremium möglicherweise vorsitzen soll. Safter Cinar, der stellvertretende Vorsitzende der türkischen Gemeinde in Deutschland, plädiert dafür, dass auch Betroffene in dem Gremium sitzen sollen. Der EKD-Ratsvorsitzende, der Präses Manfred Kock, begrüßt die Absicht der Bundesregierung, in der Frage der Einwanderung einen breiten gesellschaftlichen Konsens herbeizuführen.