Jubiläum mit Partygarantie

Das Hamburger Bedroomlabel „Music For Our Children“ feiert dieser Tage auf der MS Stubnitz seinen fünften Geburtstag  ■ Von Sven Rhenius

„Fucking german Marschmusik, das war nie was für uns“, sagt Ralf Köster und nimmt einen Schluck von seinem Bier. Aber auch „Intelligent Techno“ findet er keine passende Bezeichnung für die Musik seiner Booking-Agentur Music For Our Children, kurz M.F.O.C. Das sei doch eine Erfindung von Journalisten. Er bevorzugt das Wort „Armchair-Techno“. Das hört sich zwar nicht nach einer fröhlichen Fete bis zum Umfallen an, dennoch hält es Köster für durchaus möglich, zu der von M.F.O.C. veranstalteten Musik zu tanzen. Nur handelt es sich dabei um ein „elektronisches Tanzen für Fortgeschrittene“.

Damit beim morgigen Fest zum fünfjährigen Jubiläum der Agentur aber nicht nur Elektrospezialisten im Unterdeck der MS Stubnitz walzen, finden sich unter den Künstlern dieses Abends die „Partygaranten“ (Köster) DJ Koze und Steve Bug. Daneben werden auch noch Acts wie Beathead Hans oder Supergirl versus ElectroDefekt hinter den Konsolen und Turntables stehen. Ein weiteres Extra sind die Liveauftritte von KissKiss-BangBang und C2064, die alte Popklassiker auf einem Atari-Computer interpretieren.

Fünf Jahre M.F.O.C., das heißt, fünf Jahre elektronische Experimentalmusik, Frickelbeats und alles was gefällt – oder eben nicht. „Wir machen uns keine Gedanken, ob die Musik jetzt ankommt“, sagt Köster, „wir machen das, weil wir das selber hören wollen. Im Endeffekt geht es darum, das wir Musik, die sonst vollkommen an Hamburg vorbeigehen würde, promoten und so.“ Als musikalische Referenzen nennt der E-Musik-Veteran zunächst, durchaus genretypisch, Kraftwerk. Daran schließen sich homogen Elektropop, Punk, Krautrock, Acid House und Detroit Techno an.

Im Jahre 1992 veröffentlichten Köster und sein Kompagnon Tim Lorenz auf ihrem Label Tonträger für Synapsenmassage (TFSM), dessen Künstler heute in Personalunion bei den M.F.O.C.-Partys auftreten, „eine der ersten elektronischen Ambientecompilationen“. Die Four-to-the-floor-Musik, die auf dem Mainfloor der Parties lief, langweilte die beiden aber schnell. Sicher habe es da auch schöne, tanzbare Sachen gegeben, doch dieser stampfende Teutonen-Techno, „das war eben nie was für uns.“ Ihr Interessenschwerpunkt lag schon damals mehr in den Gefilden der abstrakteren Electronica. So veröffentlichten sie Kompilationen, auf denen elektronische Sonderlichkeiten zu hören waren, und stellten diese Acts auf kleineren Hamburger Bühnen vor. Damit erlangten sie Bekanntheit und ihren guten Ruf. Heute kommen – vor allem zu den Rephlex-Abenden im Pudel – mehr Besucher, als die circa fünzig Abstract Techno-Fans der Anfangstage. Trotzdem treten die M.F.O.C.-Acts immer noch auf kleineren Bühnen auf. „Das ist eben eine Liebhabersache. Da kann also höchstens eine halbe Person von leben. Wir haben es ja auch schon erlebt, dass Leute, die wir vor einem Jahr noch für Konzerte verpflichten konnten, plötzlich in so einem Musikmanagement-Hype drin sind und wir sie gar nicht mehr kriegen.“

Für Köster ist die Veröffentlichung von Tonträgern inzwischen ein wenig ins Hintertreffen geraten. Er plant zwar eine Kompilation, die aber wegen der Schwierigkeit, einen geeigneten Vertriebspartner zu finden, noch ein bisschen auf sich warten lässt. Dafür nutzen M.F.O.C. und TFSM die Möglichkeiten des Internets: Jede Woche erscheint unter www.tfsm.de ein MP3-Track, der bislang kostenfrei heruntergeladen werden kann, und unter www.mfoc.de findet sich die Clubseite des Labels. Für das Erstellen der Internetseiten ist Computerexperte Lorenz zuständig, während Köster sich um das Booking kümmert. Die Promotion liegt in den Händen von Gerd Ribbeck.

Letztlich ist M.F.O.C. nach Kös-ter aber ein „Bedroomlabel“: Die Arbeit findet in den eigenen vier Wänden statt. Die Bezeichnung impliziert jedoch nicht, dass die Aktivitäten einzuschlafen drohen. Auch nach dem Fünfjahresjubiläum sind für diesen Sommer mehrere Auftritte geplant: Im Rahmen des amerikanischen Sommers spielen „Laptoppunks“ wie Kid606 „intelligent Dance Music“, Autechre und Mixmaster Morris von Ninja Tunes werden Gastauftritte bestreiten. Highlight wird nach Angaben Kösters aber der Act Atom Heart im Westwerk sein. Deren aktueller Tonträger soll das Potenzial haben, die Platte des Sommers zu werden: Sie interpretieren Kraftwerksongs im Stil von südamerikanischer Folkloremusik. Denn mal viel Glück und immer eine Handbreit Frickelbeats unterm Kiel!

heute, 22 Uhr, MS Stubnitz