Ölkartell Vorbild für Kaffee

Die Kaffee produzierenden Länder wollen mit Export-Beschränkungen den Weltmarktpreis nach oben drücken und gleichzeitig noch mehr Kaffee produzieren. Profitieren wird dabei vor allem Brasilien

aus San Salvador TONI KEPPELER

„Die Zukunft ist schwarz!“ Mit diesem Slogan wird derzeit in El Salvador für Kredite geworben. Auf der Anzeige ist eine Tasse Kaffee abgebildet, senkrecht von oben fotografiert. Rund und rabenschwarz. Kaffee, soll da suggeriert werden, hat Zukunft. Die zinsgünstigen Kredite sind Teil eines Sonderprogramms der Regierung zur Ausdehnung der Kaffeeplantagen.

Als die Werbekampagne gestartet wurde, tagte in London die Vereinigung der Kaffee produzierenden Länder (ACPC), zu der auch El Salvador gehört. Am 19. Mai einigten sich die 14 Mitgliedsstaaten und fünf als Beobachter anwesende Länder darauf, in den kommenden zwei Jahren zwanzig Prozent ihrer Ernten zurückzuhalten, um den Weltmarktpreis der Bohnen nach oben zu treiben. Am Freitag sollen bei einer Folgekonferenz, ebenfalls in London, die Einzelheiten des Plans verabschiedet werden. Die Werbekampagne in El Salvador zeigt, wie wenig ernst die Kaffeeproduzenten ihre eigenen Beschlüsse nehmen.

Den Rückhalteplan haben die Kaffeeproduzenten der Opec abgeschaut. Der war es gelungen, den daniederliegenden Preis für Rohöl mit Produktionsdrosselungen auf das Dreifache zu puschen. Nur: Kaffee muss Jahr für Jahr geerntet, die zurückgehaltenen Mengen müssen gespeichert werden. Die brasilianische Regierung hat allein für die jetzt beginnende Ernte 167 Millionen Dollar bereitgestellt.

Die armen Länder Zentralamerikas können sich das nicht leisten. In Nicaragua, wo die Ernte im November beginnt, streiten sich Regierung und Produzenten schon jetzt ums Geld. El Salvador will das Problem mit einem höheren Ausstoß lösen. Ricardo Espitia, der Geschäftsführer des nationalen Kaffee-Rats, erwartet für die Ernte 2000/2001 „eine Produktionssteigerung von 15 bis 20 Prozent“. Die exportierte Menge wird also trotz Rückhaltung in etwa dieselbe bleiben. Wie sollen da die Preise steigen?

Das einzige, was den Kaffeepreis in den vergangenen sieben Jahren nach oben trieb, waren Fröste in Brasilien, dem weltweit größten Lieferanten. Oder ein Streik der Hafenarbeiter in Kolumbien, der 1997 kurzfristig zu 3,15 Dollar pro Pfund führte.

Gemeinsame Aktionen der ACPC-Staaten dagegen hatten nie Erfolg. So reagierten Kolumbien, El Salvador, Costa Rica, Honduras und Nicaragua in der Erntesaison 1995/96 mit einem Exportstopp auf sinkende Preise. Mexiko, Guatemala und Ecuador profitierten davon und exportierten umso mehr.

Jetzt kann vermutet werden, dass es Brasilien mehr um den Ausbau seiner Marktanteile geht als um den Preis. Zunächst einmal muss das Land mit gutem Beispiel vorangehen. Weil in Brasilien die Ernte bereits im Juni beginnt, sind die dortigen Produzenten als erste vom Rückhalte-Abkommen betroffen. In zwei Jahren werden die Lager voll sein, und Brasilien kann den Weltmarkt mit Kaffee überschwemmen.

Das Land, das heute rund ein Drittel der Weltproduktion liefert, ist auf diesen Zeitpunkt bestens vorbereitet. Die Plantagen wurden in den vergangenen Jahren aus dem frostgefährdeten Südosten ins frostfreie Savannenhochland im Nordosten und Nordwesten verlegt. Dort setzt man auf intensive Produktion: Es wurden bis zu fünf Mal so viele Kaffeesträucher pro Hektar gesetzt wie auf traditionellen Plantagen. Damit soll die brasilianische Produktion um bis zu 50 Prozent gesteigert werden.

Gleichzeitig haben die Züchter, die bislang ausschließlich auf Masse gesetzt hatten, neue Qualitätssorten entwickelt. Das war die Marktlücke vor allem der zentralamerikanischen Länder. Wenn Brasilien in zwei Jahren seine Rückhaltelager räumt und gleichzeitig eigene, agroindustriell produzierte Hochlandqualität auf den Markt wirft, werden die kleinen Länder verdrängt. Und der Werbespruch für salvadorianische Kaffeekredite hätte dann wieder seinen ursprünglichen Sinn: „Die Zukunft ist schwarz!“