Neue Zauberformel rettet die ÖTV

Tarifpartner im öffentlichen Dienst einigen sich: Jetzt steht die Zwei vor dem Komma. Dafür gilt der Tarifvertrag länger

BERLIN taz ■ Die Tarifrunde 2000 ist mit dem Abschluss für die 3,1 Millionen Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst gelaufen: Die neue Zauberformel, auf die sich die Verhandlungskommission gestern Nacht einigte, besteht für die Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes aus dem Bonbon einer kräftigen Einmalzahlung und der bitteren Pille einer extrem langen Laufzeit.

Für April bis Juli dieses Jahres gibt es monatlich jeweils 100 Mark mehr. Von dieser Regelung profitieren die unteren Einkommensgruppen stark, was ÖTV-Chef Herbert Mai als besonders positiv wertete. Vom 1. August 2000 an haben die Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes für 13 Monate 2 Prozent und vom 1. September 2001 an für 14 Monate weitere 2,4 Prozent mehr Geld im Portmonee.

Die Laufzeit des Tarifvertrags beträgt somit 31 Monate. Genau deshalb kostet der ganze Tarifabschluss nach Angaben von Bundesinnenminister Otto Schily nicht mehr als der zuvor abgelehnte Schlichterspruch. Dessen Kosten für die lineare Lohnanhebung waren mit rund 11,5 Milliarden Mark angegeben worden.

Der von der Gewerkschaft ÖTV zuvor abgelehnte Schiedsspruch hatte eine Lohnerhöhung von nur 1,8 Prozent für zwölf Monate und danch eine erneute Steigerung um 2,2 Prozent für ein Jahr vorgesehen. Dabei hätte der Tarifvertrag aber nur eine Laufzeit von 24 Monaten gehabt.

In der Frage der Angleichung der Osteinkommen an den Westen erzielte die ÖTV keine konkreten Verbesserungen. Die Osteinkommen sollen, wie schon zuvor von den Arbeitgebern angeboten, von derzeit 86,5 auf 90 Prozent des Westniveaus im Jahr 2002 angehoben werden. Allerdings ist der angleichende Tarifvertrag nun schon zum 31. Dezember 2002 und nicht erst zum Frühjahr 2003 kündbar.

„Ein sehr mageres Ergebnis für uns in Ostdeutschland“, urteilte der brandenburgische ÖTV-Vorsitzende Werner Ruhnke: „Wir waren bereit, für mehr zu kämpfen.“ Trotzdem meinte der Verhandlungsführer der Länder, der sächsische Finanzminister Georg Milbradt, dass der Abschluss vor allem in den ostdeutschen Bundesländern einen schnelleren Stellenabbau zur Folge haben werde. Anfang nächster Woche müssen dem Kompromiss 25 Prozent der Mitglieder bei der ÖTV beziehungsweise 30 Prozent der DAG-Angehörigen zustimmen. Kommt der Abschluss, hätte Bundeskanzler Schröder bis zur nächsten Bundestagswahl Ruhe an der Tariffront. OES/BD

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