Wehrreform marsch!

Verteidigungsminister Scharping stellt Eckpunkte der Bundeswehrreform vor. Über die Finanzierung will er erst nächste Woche informieren

von BETTINA GAUS

Das große Gefecht, das einige Beobachter erwartet hatten, ist ein Scharmützel geblieben. Das Bundeskabinett hat gestern die Eckpunkte der von Verteidigungsminister Rudolf Scharping geplanten Bundeswehrreform beschlossen, obwohl vor allem in der bündnisgrünen Bundestagsfraktion die Kritik daran in den letzten Tagen lauter geworden war. Auf einer Pressekonferenz ließ Scharping danach durchblicken, dass ihn die Einwände gegen seine Pläne nur mäßig interessieren: „Wir haben jetzt in der Bundesregierung einen Beschluss gefaßt. Und der gilt.“

Auf welcher finanziellen Grundlage er beruht, sollen die Öffentlichkeit und auch die Fraktionen erst in der nächsten Woche erfahren: „Ein kleiner Rest Überraschung muss noch bleiben“, erklärte Scharping – ein weiterer Hinweis darauf, wie ernst er die Kritik aus den Reihen der Regierungsfraktionen nimmt. Sie entzündete sich vor allem an der Frage, ob die Wehrreform überhaupt finanzierbar ist. Dass es über andere Themen – wie die von den Grünen geforderte Abschaffung der Wehrpflicht – innerhalb der Regierung nicht zum offenen Streit kommen soll, hatte der kleinere Koalitionspartner in den letzten Wochen schon deutlich gemacht.

Haushaltspolitiker der Grünen hatten indes öffentlich bezweifelt, dass die mittelfristige Finanzplanung der Bundeswehr mit den Vorgaben der Haushaltskonsolidierung zu vereinbaren ist. Scharping zufolge soll Geld durch Einsparungen aufgebracht werden, die durch Miet-oder Leasingverträge statt Neubeschaffung entstehen. Außerdem erhofft er sich sinkende Betriebskosten durch den Ausbau der Kooperation mit privaten Firmen im Bereich der Aus-und Weiterbildung. In einem Zeitraum von drei bis fünf Jahren hält Scharping hier „eine Milliarde oder mehr“ an Einsparungen für realistisch.

Gestern wurde allerdings nicht über die mittelfristige Finanzplanung entschieden, sondern über die Eckdaten des nächsten Haushaltsplans. Strittig war in diesem Zusammenhang zwischen Scharping und Finanzminister Hans Eichel zunächst, in welchem Umfang das Verteidigungsministerium den Erlös aus dem Verkauf von Liegenschaften oder ausgemustertem Material für neue Investitionen in die Bundeswehr benutzen darf und in welcher Höhe sie dem Gesamthaushalt zufließen sollen. Erst gestern wollen die Minister eine einvernehmliche Lösung gefunden haben.

Scharpings Konzept sieht vor, die Truppenstärke der Bundeswehr von derzeit etwas mehr als 320.000 Soldaten auf knapp 280.000 zu reduzieren. An der Wehrpflicht wird festgehalten, ihre Dauer allerdings von 2002 an von bisher zehn auf neun Monate verkürzt. Nach Abschluss der Reform sollen die verschiedenen Teilstreitkräfte – Heer, Luftwaffe und Marine – enger als bisher miteinander verzahnt sein, dann also beispielsweise über gemeinsame Informationstechnik verfügen. Außerdem soll die bisherige Unterteilung der Armee in Krisenreaktionskräfte und Hauptverteidigungskräfte aufgehoben werden. In der Vergangenheit hatten Wehrexperten die Sorge geäußert, infolge dieser Unterteilung drohe die Entwicklung hin zu einer Zwei-Klassen-Armee.