Verzögerter Startschuss

■ BAGS gibt es zu: Modellversuch zur Heroinabgabe verspätet sich

Eigentlich sollten im November schon die ersten Junkies Heroin auf Rezept bekommen. Dass sich der Beginn des Modellversuchs zur kontrollierten Heroinabgabe aber verzögern wird, war vergangenen Dienstag bei den „Suchttherapietagen“ öffentlich geworden (taz hamburg berichtete). Nun gibt es auch die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) zu. Auf eine kleine Anfrage von Dietrich Wersich, dem gesundheitspolitischen Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, antwortet der Senat, dass die ersten Personaleinstellungen „im letzten Quartal 2000 vorgenommen sein werden“.

Das hänge jedoch davon ab, ob bis dahin das zuständige Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte eine betäubungsmittelrechtliche Erlaubnis gegeben hat. Stefan Marks, Pressesprecher der BAGS, sagt vage: „Es könnte noch in diesem Jahr mit der Auswahl der Probanden begonnen werden.“

„Könnte“, denn auf die Ausschreibung der erforderlichen wissenschaftlichen Begleitung des Projektes haben sich nur zwei Institute beworben, das Hamburger Suchtforschungszentrum und eine Forschergruppe aus Essen. Mit keinem der Vorschläge ist die Expertenkommission zufrieden, deshalb müssen die Bewerber nachbessern.

So lange das dauert, geschieht in Hamburg offenbar nichts Konkretes. Standorte sind noch nicht ausgewählt, sondiert wird in Eimsbüttel, Harburg und Nord, „die zuständige Behörde ist derzeit mit allen in Betracht kommenden Trägern im Gespräch“, heißt es in der Senatsantwort. Eine Entscheidung sei nicht vor dem Spätsommer zu erwarten. Die Zahl der Probanden könnte bei den von Senatorin Karin Roth (SPD) mehrfach verlaubarten 300 liegen, aber auch darunter. Und eine ständige Arbeitsgruppe, die die Heroinvergabe vorbereitet, wird es erst geben, wenn der Forschungsauftrag erteilt ist und damit der künftige Studienleiter fest steht.

Wersich kritisiert: „Mit dem seit Jahren von SPD und GAL propagierten Modellversuch zur Heroinabgabe als neuen Weg der Drogenpolitik wurden in Hamburg bei den Heroinabhängigen, aber auch bei der Wohnbevölkerung, beispielsweise in St. Georg, große Erwartungen auf Entlastung geweckt.“ Je länger die Planung laufe, desto weniger wüsste der Senat offenbar, wie der Modellversuch tatsächlich umgesetzt werden solle.

„Mit Hinweis auf das Projekt wird immer wieder versucht, konkrete Defizite zu verdecken“, klagt Wersich. Der Gesundheitsraum in St. Georg müsste beispielsweise dringend erweitert werden. 3,5 Millionen Mark sind für dieses Jahr für das Projekt eingeplant. Der Senat schreibt in seiner Antwort, es sei davon auszugehen, dass noch in diesem Haushaltsjahr die „angekündigten kostenrelevanten Maßnahmen ergriffen werden“.

Sandra Wilsdorf