berliner szenen
: Die „New Faces Night“

Blondies klonen

In Romanen heißt die Sache Glamorama und geht so: Naomi Campbell, Helena Christensen, Cindy Crawford, Sheryl Crow, David Charvet, Courteney Cox, Harry Connick Jr., Nicolas Cage, Bob Collacello und so weiter. In Berlin heißt sie Gästeliste, und da liest man: Arnold Dammann, Barbara Dauri, Nikolaus von der Decken, Sebastian van Deel, Michael Deffert, Corinna Degener, Nadine Dehmel und so fort. Irgendein Name auch nur irgendwie bekannt? Man kam jedenfalls nicht umhin, vorgestern Abend in Berlin den Titel des Events wörtlicher zu nehmen, als man erwartet hatte: „New Faces Night“. Es ging also um die neuen Gesichter, die laut Presseeinladung „für die Zukunft des Entertainments stehen“. Spätestens in zehn Jahren sind uns also die Namen der Gästeliste ein Begriff. Eingeladen in den Dresdner Bahnhof hatte die Bunte, die von sich behauptet, Deutschlands aufregendstes People-Magazin zu sein.

Daher traut sie sich auch zu, in dieser Nacht drei Filmtalente auszuzeichnen, denen in der deutschen und, bitte schön, auch in der internationalen Filmbranche, der Weg offen steht. Okay, okay, wir werden hier nicht ein weiteres Mal die hinlänglich bekannten Chancen des deutschen Films beim deutschen und beim ausländischen Filmpublikum erörtern.

Interessanter war da schon, dass der New Faces Award, den Florian Lukas („Absolute Giganten“) vor Anna Loos („Anatomie“) und Roman Knika („Schlaraffenland“) gewann, aussah wie eine hightechmäßig aufgebrezelte Parkuhr.

Als Gewinner würde ich versuchen, das Ding nach dieser Nacht nie mehr vor Augen zu kriegen. Auch der andere Preis, der vergeben wurde, hatte ein ähnlich sinnfälliges Design. Es ging um den Love Award für das geilste Liebespaar im Film des letzten Jahres. Zur Auswahl standen Mina Tander & Tobias Schenke („Harte Jungs“), Jasmin Gerat & Mark Keller („I love you, Baby“), Katja Flint & Heino Ferch („Marlene“), Eva Hassmann & Otto Waalkes („Otto – Der Katastrophenfilm“) sowie Teresa Weißbach & Alexander Scheer („Sonnenallee“).

Und die Gewinner – ausgezeichnet von den Lesern der Bunten – waren, surprise, surprise: Katja Flint & Heino Ferch, von denen jede/r ein halbes Plexiglasherz bekam. Nachdem mit Katja Flint die dritte Blondine auf der Bühne stand, die ununterscheidbar von den beiden anderen aussah, war zumindest klar, dass das „neue Gesicht“ das absolut gleiche Gesicht meint.

Das mit dem Klonen scheint also nicht Zukunft, sondern schon Vergangenheit zu sein. Die beiden anderen Blondies waren naturgemäß ebenfalls junge Start-ups, Moderatorinnen der Sender Pro 7 und Kabel 1. Namen irgendwie bekannt? Immerhin, der Möet et Chandon war, wie das Buffet, in Ordnung und der Dresdner Bahnhof ist keine schlechte Location. Merkwürdig war nur, dass rund um das ehemalige Paketfuhramt nur Wagen mit Hamburger Nummernschildern parkten, wo doch die Bunte aus München kommt. Und wo war eigentlich der Filmredakteur der Bunten, den ich sonst immer auf solchen Veranstaltungen treffe? Gab’s da irgendwo ’ne andere Party? Glamorama? WBG