vaalsbröckchen 5
: Und Frühaufsteher Erich spricht so locker

Die Elf steht

„Ich spiele für DEUTSCHLAND, weil mein Opa dann immer so einen feuchten Schimmer in den Augen hat“

(Deutschland ist eine Freizeitelf aus Stolberg bei Aachen)

Das andere Deutschland steht am Scheideweg. England wartet. Die papierne Großmacht. Alle zittern. Das Aus droht. Für manche auch das Ende, für Deutschland zu spielen. Und Ribbecks endgültige Verrentung. Da tritt er gestern im Quartier Vaalsbroek auf und gibt sich locker wie kaum einmal. Ist es prämortale Gewissheit?

Donnerstag noch war er verkrampft, katapultierte seine Nullsätze bemüht heraus. Lieferte Schlagzeilen wie „Ribbeck entgleitet die Dramaturgie“. Jetzt lässt er’s laufen wie die Mannschaft den Ball nur selten. Warum er plötzlich so gut drauf sei? Es sei ja erst 9 Uhr, sagt der Teamchef: „Ich habe noch keine Zeitung gelesen.“ Warum er die Startelf so früh präsentiere: „Ich habe dabei an Sie gedacht.“ Die Pressemeute freut sich.

Die elf Schicksalsspieler neben/vor/hinter dem unvermeidlich Ewigen, dem Zankapfel aus Big Apple: Kahn, Babbel, Nowotny, Deisler, Hamann, Jeremies, Ziege, Scholl, Kirsten, Jancker. Gibt es Wechselstrategie hinter der Formation, eine Taktik gegen die Tommys? „Schreiben Sie einfach: Rotationsprinzip.“

Dabei macht sich Ribbeck seine Gedanken. Christian Ziege möge „weniger Fehlpässe“ spielen und dabei David Beckham stoppen. Und Sebastian Deisler (20), der junge Deisler, jünger als Britanniens Oldie Owen (21), der Super-Basti-Fantasti, Herthas Herzenskind, sei quasi als Wechsel auf die Zukunft eingewechselt, als Vorbild, als Symbol für bessere Tage, alles zusammen: Seine Nominierung solle, so Ribbeck, „Sogwirkung haben für den ganzen deutschen Fußball, weil auch junge Leute sehen, wie schnell man in die Nationalmannschaft kommen kann“.

Das war der Blick nach vorn. Der nach hinten kam auch. Was es bedeute, dass Deutschland seit 34 Jahren nicht mehr gegen England verloren habe. „Wir haben nur einen Spieler in der Mannschaft, der sich daran erinnern kann.“ Womit wir wieder bei dem wären, dessen Name heute mal nicht genannt werden soll.

Alles scheint gut. Nur kennt Ribbeck noch nicht das Interview mit Jens Jeremies, das in der heutigen Ausgabe der Aachener Nachrichten erscheint. Gut, das Wort „jämmerlich“ hat Jeremies nicht wiederholt. Aber Sätze gesagt wie: „Die Nationalmannschaft hat sich seit drei bis vier Jahren nicht richtig weiterentwickelt. Wann hat sie denn das letzte Mal richtig Fußball gespielt?“ Ob die Aussprachen unter der Woche was gebracht hätten, Gewitter könnten doch manchmal Wunder bewirken: „Ich glaube nicht an Wunder.“ Oder die Schlussfrage: „Sie machen den Eindruck, als hätten Sie einen richtig dicken Hals?“ Antwort Jeremies: „Ja, ich muss jetzt raus, sonst platze ich gleich ...“

Und wenn es dennoch schief geht? Ribbeck hat nicht nur seinen Wittgenstein gelesen (die jetzt schon mit Legendenstatus geadelten Objektiv-Subjektiv-Analysen vom Dienstag), sondern kennt sich auch mit den wichtigsten Fußball-Philosophen aus: „Ich möchte nur Stepanovic und Beckenbauer zitieren. Lebbe geht weida, sagt der eine, und der andere: Schaumermal.“ Na denn. MÜLL