Rosa Wahlzeiten

Die Politik hat den Christopher Street Day ganz lieb  ■ Von Peter Ahrens

Es schmückt ganz ungemein. Mit Toleranz gegenüber Schwulen und Lesben gewinnt man heute WählerInnenstimmen, man verliert sie nicht mehr. Die Politik weiß das, und deshalb taucht sie in Le-gionsstärke beim Christopher Street Day auf. Dass es gut 100.000 BesucherInnen am Sonnabend bei der Parade durch die Innenstadt wurden, liegt auch daran, dass so viele PolitikerInnen dabei waren. Love is all around the Bürgerschaft.

Der Bürgermeister trägt kein Lack und Leder, sondern sein blaues Bürgermeisterhemd, aber er marschiert tapfer voran. Der erste Landeschef bei einem CSD hat Fraktionschef Holger Christier und den Parteivorsitzenden Olaf Scholz im Schlepptau, und sagt, dass im Alltag noch viel zu tun ist. Den Zwischenstopp des Zuges am Rathaus nutzt die Sozi-Prominenz, um sich zu verabschieden.

Die GAL hält länger durch, was nicht verwundert, weil die stellvertretende Bürgermeisterin Krista Sager der Ansicht ist, dass „der GAL-Wagen der mit der besten Musik ist“. Das findet Bundestagsfraktionschef Rezzo Schlauch offenbar auch und schüttelt seinen Tanzbären-Körper völlig enthemmt zu ABBAs „Voulez Vous“, während Parteichefin Antje Radcke sinnigerweise eher zu „Waterloo“ swingt. Sager verteilt grüne Kärtchen, auf denen steht: „Wir besorgen es euch.“ Es ist der Tag der absoluten Libertinage.

Da will auch CDU-Hardliner Heino Vahldieck nicht abseits stehen. Der innenpolitische Sprecher der Bürgerschaftsfraktion bedauert, dass die CDU nicht mit einem eigenen Wagen auf der Parade vertreten ist: „Da haben wir noch einiges aufzuarbeiten“, schließlich bedeute Schwulsein nicht automatisch links. Er selber, betont er noch, sei allerdings „normal: Verheiratet, zwei Kinder“. Sein Fraktionschef Ole von Beust, vom CSD als Botschafter ins Gespräch gebracht, war dagegen nur virtuell vertreten. Mehrere ParadeteilnehmerInnen liefen mit von Beust-Gesichtsmasken im Zug mit: Ausdruck ihres Protestes dagegen, dass jemand, der die Rote Flora räumen lassen will, für den CSD werben soll.